„Hilfe für Helfer“: Erste Generation Promotion – EGP e. V. gewinnt Beratungsstipendium
Sabine Päsler und Thea Fiegenbaum von EGP e.V. über den Wettbewerb „startsocial“ und die Zukunft des Vereins
von Alessa Hübner
Der Verein Erste Generation Promotion – EGP e. V., der von ehemaligen Stipendiatinnen der a.r.t.e.s. Graduate School gegründet wurde, setzt sich für Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit in der Promotion ein. Ehrenamtlich berät das Team Promotionsinteressierte und Promovierende aus nichtakademischen Elternhäusern und bietet verschiedene Veranstaltungen an, bei denen auch die Vernetzung untereinander gefördert wird. Seit November 2018 wird die Vereinsarbeit durch ein Beratungsstipendium des bundesweiten Wettbewerbs startsocial gefördert. Wir haben mit Sabine Päsler und Thea Fiegenbaum, die beide an der Universität zu Köln promovieren, über startsocial und die Zukunft des Vereins gesprochen.
a.r.t.e.s Graduate School: Ihr habt eines der Beratungsstipendien von startsocial gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Worum geht es bei startsocial und wie kam es dazu, dass ihr bei dem Wettbewerb um ein Stipendium mitgemacht habt?
EGP e. V.: Vielen Dank! startsocial ist ein Wettbewerb unter dem Motto „Hilfe für Helfer“, der bundesweit Vereine und Initiativen fördert, die sich ehrenamtlich sozial engagieren, etwa in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Migration oder soziale Gerechtigkeit. Er steht unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin. startsocial vergibt jedes Jahr 100 Beratungsstipendien. Die Bewerbungen werden von Jurorinnen und Juroren geprüft, die selbst erfahrene Fach- oder Führungskräfte aus der Wirtschaft, dem öffentlichen Sektor oder dem Non-Profit-Bereich sind. Sie bewerten die Initiativen anhand der Kriterien Wirksamkeit, Nachhaltigkeit, Effizienz und Übertragbarkeit.
Wir sind durch Katja Urbatsch, der Gründerin von Arbeiterkind.de, auf startsocial aufmerksam gemacht worden. Arbeiterkind.de selbst hat vor einigen Jahren erfolgreich an dem Wettbewerb teilgenommen. Da die Zahl der aktiven Mitglieder in unserem Verein im vergangenen Jahr gewachsen ist, fanden wir die Idee sehr reizvoll, die Vereinsarbeit mithilfe von startsocial neu zu gestalten und zu professionalisieren. Im Oktober letzten Jahres haben wir die tolle Nachricht erhalten, eine von 100 Initiativen zu sein, die gefördert werden. Insgesamt hatten in diesem Jahr 230 Vereine am Wettbewerb teilgenommen. Als Gewinner des Stipendiums werden wir auf verschiedene Veranstaltungen von startsocial eingeladen, bei denen wir uns informieren, weiterbilden und vernetzen können. Zum Beispiel waren im November zwei von uns bei der Kick-off-Veranstaltung in Düsseldorf und im Januar werden wir zum Stipendiatentag nach Berlin fahren, wohin alle geförderten Vereine eingeladen wurden. Da final erneut 25 der insgesamt 100 geförderten Initiativen Auszeichnungen erhalten werden – die teilweise auch dotiert sind – wird es für EGP e. V. im Sommer 2019 noch einmal spannend. Gerne würden wir einen Preis von unserer Bundeskanzlerin für das Erreichen unserer Vereinsziele entgegennehmen!
Wie sieht die konkrete Unterstützung durch startsocial im Rahmen des Stipendiums aus?
Unser Verein erhält zurzeit ein viermonatiges Beratungsstipendium. Kernpunkt ist die Unterstützung durch zwei Coaches, mit denen wir uns über die Weiterentwicklung und Zukunft des Vereins sowie unseres ehrenamtlichen Engagements austauschen. Die Perspektive von außen ist für uns sehr wertvoll, um neue Anstöße zu gewinnen, die bisherige Arbeit zu reflektieren und neue Projekte zielgerichtet zu entwickeln. Unsere Coaches sind in anderen Berufsbranchen tätig und haben jahrelange Erfahrung im Bereich des Mentorings und Coachings, die uns nun zugutekommt. Dank deren enger Begleitung und externer Ratschläge können wir die formulierten Ziele der startsocial-Bewerbung für unseren Verein motiviert und fokussiert angehen! Außerdem haben wir von startsocial das Feedback der Jurorinnen und Juroren zu unserer Bewerbung erhalten, sodass wir auch deren Tipps und Hinweise berücksichtigen können. Auch stellt startsocial den Stipendiaten Unterstützung bei der Gestaltung von Werbe- oder Öffentlichkeitsmaterial sowie Beratung zu rechtlichen oder administrativen Vereinsfragen zur Verfügung. Das ist einfach super, denn aus finanziellen Gründen konnten wir hier bisher nur eingeschränkt agieren.
Wie könnt ihr die Anregungen durch das startsocial-Stipendium für euren Verein nutzbar machen und ausbauen?
Dies wird an einem Beispiel nachvollziehbar: Wir möchten unsere Beratungen für Promotionsinteressierte und Promovierende professionalisieren, das heißt wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir uns intern in kollegialer Fallberatung fortbilden und für unsere jeweils individuell geführten Gespräche zusätzlich ein Portfolio zu allgemeinen Fragen unserer Zielgruppe aus nichtakademischen Elternhäusern entwickeln. Auf diese Weise können wir Ratsuchende sowohl weiterhin – und verbessert – ganz individuell und auf die persönlichen Bedürfnisse hin beraten als auch das Spektrum an Fragen zu diesem Themenkomplex transparent machen und generell aufklären. Hier trifft es sich ganz wunderbar, dass unsere Coaches Experten im Beratungsfeld sind!
Weiterhin ist das Stipendium eine tolle Chance für uns, den Verein in rechtlichen und administrativen Angelegenheit zu prüfen und weiterzuentwickeln. Bisher stand vor allem die inhaltliche Auseinandersetzung mit EGP e. V. im Interesse, dank startsocial sind wir nun auch motiviert, uns intensiv formal mit der Vereinsorganisation zu beschäftigen. Außerdem gibt uns startsocial einige Termine und Deadlines vor, die uns helfen, neue Schritte im Verein zu machen und Entscheidungen zu treffen. Insgesamt dient die Phase des Beratungsstipendiums dazu, unsere Arbeit im Verein zu reflektieren, die Ausrichtung zu überdenken und Angebote für unsere Zielgruppe zu verbessern. Wir sprechen intern, aber auch zusammen mit den beiden Coaches über Ziele und inwiefern wir diese realisieren können.
Gibt es sonstige aktuelle Entwicklungen in eurem Verein? Welche Angebote und Veranstaltungen bietet ihr zurzeit an?
Der Verein hat im letzten Jahr erfreulicherweise einige neue Teammitglieder gewonnen! Damit können wir unsere Aufgabenbereiche nun ausweiten. Wir haben einige Veranstaltungen durchgeführt, die wir künftig regelmäßig anbieten möchten: Zum Beispiel gab es einen Workshop zum Verfassen eines Exposés für Promotionsinteressierte der ersten Generation und einen rund um das Thema Steuererklärung während der Promotion sowie einen Infoabend zu Versicherungsfragen und zur Altersvorsorge. Gerade hier herrscht viel Unsicherheit bei Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus nichtakademischen Elternhäusern – ganz nach dem Motto „Ich kann nämlich nicht einfach meine Eltern in diesen Sachen um Rat fragen!“. Genau dieses Feld möchten wir mithilfe des Stipendiums weiter ausbauen. Auch die individuelle Beratung, eine der Hauptaufgaben unseres Vereins, entwickelt sich weiter: Wir erhalten nicht nur Beratungsanfragen aus Köln und Umgebung, sondern inzwischen aus ganz Deutschland. Wenn es möglich ist, treffen wir uns für ein persönliches Gespräch, oder führen die Beratung telefonisch durch. Ziel ist es, den Ratsuchenden Möglichkeiten aufzuzeigen, die sie in ihrer persönlichen Entscheidung für oder gegen eine Promotion stärken. Aus unserer eigenen Erfahrung heraus geben wir Tipps und stehen als Ansprechpartnerinnen den Promotionsinteressierten und Promovierenden zur Seite. Durch unsere Vernetzungsarbeit zeigen wir, dass viele Fragen und Probleme keineswegs Einzelfälle sind, sondern viele von uns aus der ersten Generation Promotion betreffen. Sie sind strukturell bedingt, das heißt vom Hochschulsystem abhängig, in dem die Herkunft und der Bildungsabschluss der Eltern immer noch großen Einfluss auf die Bildungswege der Kinder haben. Sich untereinander vernetzen, stärkt dabei enorm!
Und unsere Stammtische sind gerade dafür eine super Gelegenheit: Die Resonanz ist sehr gut; bei unseren offenen Stammtischen kann jede und jeder Interessierte einfach zu uns stoßen, uns kennenlernen und sich mit uns und anderen in informeller Atmosphäre austauschen. Etwa vier Mal im Jahr treffen wir uns dazu in einem Café. Bei Interesse gibt es dazu auch mehr Informationen auf unserer Homepage! Wir freuen uns über neue Gesichter, die unseren Kreis der ersten Generation weiter stärken.
Wir danken Sabine Päsler und Thea Fiegenbaum für das Gespräch!