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»Mach‘ was draus!« - Geisteswissenschaftliche Promotionsprojekte beim Design Thinking Workshop

 

Vom musikwissenschaftlichen Forschungsprojekt zum Sound-Café für Demenzerkrankte? Im Design Thinking Workshop konnten die Promovierenden von einer abstrakten Forschungsfrage bis hin zur Ausarbeitung eines „Prototyps“ Ideen aus ausgewählten Promotionsprojekten entwickeln. „Deine Forschung als Transferprojekt“ stellte den Leitgedanken der eigens für sie konzipierten Veranstaltung dar. Ziel der Agenda war es, mit der Methode Design Thinking Potenziale in den Promotionsprojekten zu identifizieren, die auch außerhalb der Wissenschaft eine gesellschaftliche Wirkung entfalten.

Im Rahmen des Mercator-Programms wurde der Design Thinking Workshop von der a.r.t.e.s. Graduiertenschule in Kooperation mit dem Gateway Exzellenz Start-up Center speziell für geisteswissenschaftliche Promovierende angeboten. Zugrundeliegender Gedanke war, dass sich die praxisorientierten Promotionsprojekte aus dem Mercator-Programm anbieten, um etwas „konkret Greifbares“ im zweitägigen Workshop zu erarbeiten. Da der Workshop auch für Teilnehmende aus dem Integrated Track geöffnet wurde, zeigte sich jedoch, dass auch aus den Forschungsarbeiten, die keinen integrierten Praxisbezug aufwiesen, konkrete Umsetzungsideen entwickelt werden können. Da nicht alle eingereichten Promotionsvorhaben innerhalb des Workshops ausgearbeitet werden konnten, wählten die Teilnehmenden per „Dotmocracy“ drei Projekte aus, die in interdisziplinären Teams mit der Design Thinking Methode konzeptualisiert wurden. Tatsächlich konnte für das Projekt aus dem Mercator-Programm eine konkrete Fragestellung für die anstehende Praxisphase bearbeitet werden, so dass die Doktorandin für dieses Handlungsfeld reelle Vorschläge und Impulse mitnehmen konnte und bereits die komplexen Anforderungen der verschiedenen Akteur*innen beim außeruniversitären Kooperationspartner einbeziehen konnte.

Insbesondere für die in sich nicht praxisorientierten Forschungsfragen aus dem Integrated Track zeigte sich die enorme Herausforderung, die Grundidee des Promotionsprojekts nicht aus dem Auge zu verlieren und diese dennoch mit dem abgeleiteten tatsächlichen Bedürfnisabgleich zu vereinbaren. Die im Workshop intensiv thematisierte „Bedürfnisorientierung von Nutzer*innen“ zu ermitteln, ist in der Tat nicht nur eine Frage von Marktbeschaffenheit und von Interesse für Studierende der Betriebswirtschaftslehre. Vielmehr konnte die „Empathize-Phase“ im Design Thinking Prozess auch dazu dienen, die Rezeptionsperspektiven der eigenen Forschung zu reflektieren. Die Aufmerksamkeitsökonomie zukünftiger Rezipienten*innen innerhalb und außerhalb der Universität mitzudenken, ist in den Geisteswissenschaften sicherlich nicht vorherrschend. Dabei ist das Thema Transfer für alle Promovierenden relevant und zielt nicht ausschließlich auf die „Verwertbarkeit“ und ökonomische Brauchbarkeit eines Forschungsprojekts ab. Die Universität zu Köln versteht Transfer, die Third Mission, als Auftrag, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in Dialog zu bringen.

Die Ergebnisse des Design Thinking Workshops vermittelten sehr plastisch, welchen wert- und wirkungsvollen Beitrag die geisteswissenschaftliche Forschung für gesellschaftliche Fragestellungen leistet. Zudem zeigte sich im Verlauf des Workshops einmal mehr, wie schnell sich die Promovierenden der a.r.t.e.s. Graduiertenschule in neue Kontexte einarbeiten und damit verbundene Problemstellungen zielgerichtet und methodisch breit aufgestellt adressieren konnten: die Teams waren bewusst so zusammengesetzt, dass die Promovierenden, deren Projekte zur Ausarbeitung ausgewählt wurden, in einem jeweils anderen Team mitarbeiteten und somit jede*r eine neue Thematik erarbeitete. Die hieraus entstehenden frischen Ideen und Anregungen verdeutlichten für die Teilnehmenden die Bedeutung, über den eigenen Blickwinkel hinauszudenken. Der interdisziplinäre Austausch mit anderen Promovierenden, der bei a.r.t.e.s. im Fokus steht, sollte daher ein Grundstandard sein, denn die Blase von Doktorand*innen, Betreuer*innen und Fachbereich bleibt auch trotz Einbindung in die Graduiertenschule ein enges Feld. Für die Workshop-Teilnehmenden war das Verlassen der „wissenschaftlichen Komfortzone“ unbedingt erforderlich, so mussten sie sich auf ungewohnte Denkprozesse einlassen und alle Arbeitsphasen im Design Thinking mitgehen, die teilweise auch außergewöhnliche Herangehensweisen an eine Thematik beinhalteten.

An dieser Stelle ist ein großer Dank für die professionelle Workshop-Konzeption an Miriam Fußangel vom Gateway auszusprechen, die zielgruppengerecht die komplexen Inhalte des Design Thinkings auf den knappen vorgegebenen Zeitrahmen komprimierte und schwungvoll durch die zwei Tage führte. Konstant fokussierte sie den Austausch in den Teams und mit ausgeschöpftem Moderationskoffer und vielseitigen Bastelmaterialien konnte in der Abschlusspräsentation die kreative Umsetzung der vorab definierten Herausforderungen der jeweiligen Forschungsprojekte gelungen visualisiert werden. Neben den inhaltlichen Impulsen konnten die Promovierenden, die – bereits aktuell – oder zukünftig ebenfalls (wissenschaftliche) Veranstaltungen moderieren, also durchaus auch Anregungen zu Techniken, Instrumenten und Methodik im Hinblick auf Workshop-Gestaltung und Aktivierung von Teilnehmenden mitnehmen. 

Sicherlich trugen auch die Rahmenbedingung des Workshops dazu bei, das überstrapazierte „out of the box“- Denken anzuregen, denn jenseits der fensterlosen Seminarräume im Philosophikum konnten die Räumlichkeiten des Gatways im „Ship“ in Ehrenfeld genutzt werden. Dort wurden den Teilnehmenden Pausen auf der Dachterrasse und eine Kantine, die qualitativ ein „Innovation center“ der Mensa versinnbildlichte, als Workshop-Umgebung geboten.

Entsprechend positiv fiel auch die Feedbackrunde zum Workshop aus: die Promovierenden waren ebenso begeistert wie überrascht, was aus den ursprünglich vorgestellten Projekten in den zwei Tagen entwickelt wurde und wie viele Denkanstöße, innovative Methoden und Perspektivwechsel mit auf den Weg gegeben wurden. Bedauert wurde, dass nicht alle individuellen Projekte aus organisatorischen und zeitlichen Gründen in der Tiefe ausgearbeitet werden können.
In Zeiten straffer Zeitpläne, Abgabedruck, Freizeitstress und teilweise noch zu leistenden Nebenbeschäftigungen stellt sich wohl immer auch die Frage „was bringt mir das“? Durch eine zunehmende Effizienzoptimierung sinken die persönliche Bereitschaft – oder auch die terminlichen Möglichkeiten – »über den akademischen Tellerrand« zu schauen und die Promovierenden konzentrieren sich – zwangsweise – auf den Mehrwert für das eigene Forschungsprojekt.
Als Fazit kann jedoch der allgemeine Ansatz des Workshops auf das eigene Promotionsprojekt übertragen werden: die Notwendigkeit, intellektuellen Fokus und gedankliche Freiheit zu vereinen, bleibt die besondere Herausforderung der Dissertationsphase. Den Horizont und die bisherige Methodik zu erweitern, sich immer wieder von festgefahrenen Denkprozessen loszulösen, Interdisziplinarität und Kreativität sind Kompetenzen, die im Laufe der Promotion unerlässlich sind.

Als abschließende Bemerkung ist auf das interessante Phänomen hinzuweisen, das aus der beobachtenden Perspektive wahrgenommen wurde: die Einpassung der geisteswissenschaftlichen Forschungsprojekte in das ganz eigene, oftmals englischgeprägte Vokabular der Gründungsszene. Wer demnächst wieder mal ratlos über einer trockenen Textquelle in der Bibliothek sitzt, sollte sich die Promotion als ultimative „Challenge“ und wissenschaftliches „Nutzer*innenerlebnis“ vergegenwärtigen.

Andrea Dauber

 

 

 

 

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