Interdisziplinär und international: Promovierende erforschen „Tradition and Transformation“
a.r.t.e.s.-Delegation reist zu Nachwuchskonferenz an der University of Cambridge
von Julia Maxelon
Bereits im zweiten Jahr sind im September 2017 zehn Kölner Promovierende und a.r.t.e.s.-Direktor Andreas Speer nach England gereist, um an der Nachwuchskonferenz Tradition and Transformation des Arts & Humanities Research Council der University of Cambridge teilzunehmen. Gemeinsam mit Promovierenden von fünf weiteren internationalen Graduiertenschulen – der Australian National University (ANU), der European University of St. Petersburg (EUSP), dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), der Stockholm University und der University of Cambridge – diskutierten wir drei Tage lang die konzeptuellen, inhaltlichen, zeitlichen, örtlichen und ästhetischen Dimensionen der Begriffe ‚Tradition‘ und ‚Transformation‘. Die Partnerschaft mit der University of Cambridge besteht seit 2016, um den Austausch von Promovierenden über nationale und disziplinäre Grenzen hinweg zu fördern. Finanziell unterstützt wurde die Reise für die Kölner Promovierenden durch Mittel von „a.r.t.e.s. international – for all“.
Tradition in Cambridge: das Emmanuel College
Untergebracht waren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz im Emmanuel College, einem der ältesten und traditionsreichsten Colleges in (dem an Traditionen ohnehin nicht armen) Cambridge. Das traditionelle englische Universitätssystem, wie es beispielsweise auch noch in Oxford erhalten ist, ist durch ein Netz von in der Stadt verteilten Colleges charakterisiert, denen die Studierenden zusätzlich zu ihrer Fakultät angehören. Die Colleges unterteilen dabei nicht nach Disziplinen, ihnen gehören Studierende, Promovierende und Lehrende aller Fakultäten an. Zu den berühmten Alumni der Colleges, deren Ehrungen man im Stadtbild an jeder Ecke begegnet und die nicht zuletzt die Finanzkraft der einzelnen Colleges bestimmen, gehören so etwa Charles Darwin, Stephen Hawking und Ludwig Wittgenstein. Wie stark die Traditionen der Colleges das universitäre und städtische Leben noch immer bestimmen, wurde unserer Gruppe immer wieder deutlich: bei der Stadtführung mit Fokus auf 'Punts', den bekannten Stocherkähnen auf dem Fluss Cam, die Teil jährlicher Wettbewerbe – u. a. gegen die University of Oxford – sind, beim Dinner im Emmanuel College, das von einem Gebet eröffnet und geschlossen wurde, oder bei der Versorgung der Gäste im College durch Scharen hilfreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deren ständige, unauffällige Anwesenheit als Begleiterscheinung des engmaschigen Betreuungssystems in Cambridge begleitete uns während des gesamten Aufenthalts und ließ uns mehr als einmal über die Vor- und Nachteile des deutschen Universitätssystems diskutieren: Selbstständigkeit und Freiheit auf der einen Seite, Konzentration und Fokussierung auf der anderen Seite – wie lebt, arbeitet und lernt es sich in solch einem System? Welche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler produziert es?
Transformation in Cambridge: Pluralität der Themen & Disziplinen
Doch ‚das echte Leben‘ ließ sich auch in Cambridge nicht völlig ausblenden, und so verorteten uns vor allem unsere unglaublich motivierten, interessierten und unterstützenden Kommilitoninnen und Kommilitonen aus aller Welt immer wieder in der Gegenwart, die da heißt: promovieren! Die interdisziplinären und vielgestaltigen Themen und der persönliche wie akademische Weitblick aller Promovierenden waren die Triebfedern der eng getakteten Konferenz, die die Themen in parallel laufenden Panels gruppiert hatte und so versuchte, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Schnittmengen und Reibungspunkte der beiden titelgebenden Begriffe innerhalb verschiedener thematischer Rahmen auszuloten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der sechs Graduiertenschulen wurden dabei ständig neu gemischt, so dass man am Ende der Konferenz garantiert in jedem Raum gesessen, mit allen Kommilitoninnen und Kommilitonen geredet und sich über einen weiten Rahmen von Begriffsdimensionen ausgetauscht hatte.
Die Fixpunkte in dem Programm, zu spätestens denen sich dann alle zu den Vorträgen Ausgeschwärmten wieder zusammenfanden, waren die Keynotes der die Delegationen begleitenden Professorinnen und Professoren. a.r.t.e.s.-Direktor Andreas Speer eröffnete die Konferenz am ersten Tag mit seiner Keynote zu Traditions in philosophy: why do we need them? Sergei Shtyrkov (European University of St. Petersburg) sprach am Abend zu ’These three birch-trees for ever and ever you have to unfold’: Soviet landscape nationalism and mass patriotic poetry. Elisabeth Wåghäll Nivre (University of Stockholm) lockerte die Mittagspause am folgenden Tag mit einer Keynote zu Fearing change – desiring order: An analysis of city life in Georg Wickram’s Von guten und bösen Nachbarn (1556) auf. Und am letzten Tag beschloss Denise Ferris (Australien National University) die Konferenz mit ihrem Vortrag Bauhaus to Nowhouse: Valuing tradition in the transformation of research and pedagogy in the contemporary art and design school. Die mitgereisten Professorinnen und Professoren waren für uns dankbar angenommene geistige und seelische Unterstützung, und besprachen nebenher die Zukunft der Cambridge‘schen Doctoral Training Partnership: Wohin geht es für die Nachwuchskonferenz in den kommenden Jahren, reichen die Gelder auch über 2018 hinaus, und wie steht es um die Prüfungserlaubnis der freien St. Petersburger Universität, die ihr zur Zeit in Gefahr steht, durch den Staat entzogen zu werden? Transformation: Sie kann in alle Richtungen gehen.
Privileg und Plattform: internationales Netzwerken
Und das internationale Konzept der Konferenz ging auf! Neben der Präsentation der eigenen Forschung stand für alle Kölner Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Netzwerken im Mittelpunkt: Wer ist da, wie ergeht es den anderen Promovierenden mit ihren Themen und an ihren Universitäten, an wessen Forschung kann ich anknüpfen? Das Privileg der geförderten Teilnahme und der Rundumversorgung während der gesamten Konferenz ließen genug Zeit und Raum, um alle Möglichkeiten der Konferenz auszuschöpfen und wertvolle Anregungen für die eigenen Forschungsprojekte mit nach Hause zu nehmen. Während tagsüber der fachliche Austausch im Mittelpunkt stand, war abends Zeit für die gemütlichen Ecken und Themen Cambridges: etwa bei Fish and Chips im The Eagle Pub, in dem 1953 die Entdeckung der DNA von Francis Crick und James Watson verkündet wurde, oder beim Festdiner im historischen Speisesaal des Emmanuel College, das von Kerzenschein und Dankesreden von dem bzw. an das Organisationskomitee gerahmt wurde.
Im Anschluss an die Konferenz verteilten sich die Kölner Teilnehmerinnen und Teilnehmer in alle Himmelrichtungen: nach London, Tübingen, Sevilla oder heim ins Rheinland. Zurück bleiben viele schöne Erinnerungen an eine intensive, bunte und gut gelaunte Konferenz in einer faszinierenden kleinen Stadt, jede Menge neue Kontakte auf Facebook und im Real Life, und ein dickes DANKE an a.r.t.e.s. für die Förderung gelebter Internationalität und Interdisziplinarität als essentielle Bestandteile der Promotionszeit.
Die Reise wurde durch DAAD-Fördermittel im Rahmen von "a.r.t.e.s. international – for all" unterstützt.
"a.r.t.e.s. international – for all" wird gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).