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Dissertationsprojekt von Nils Bühler

Imaginationen des Ludischen und die Kontrolle des technisierten Spiel(en)s (Arbeitstitel)

Spiel im weitesten Sinne (Spiele, Spielen und Spieler*innen) ist Gegenstand von Kontrollforderungen und -praktiken. Schon vor der „Killerspieldebatte“ der 2000er-Jahre, in der der Inhalt eines Computerspiels als realweltliche Handlungsanweisung an seine Spieler*innen verstanden wurde, war insbesondere die Verbindung von Spiel und Maschine verdächtig, den Menschen das Menschliche und Gute auszutreiben.

Mein Dissertationsprojekt setzt sich zum einen mit den Institutionen in Deutschland auseinander, die im 20. Jahrhundert aufgrund dieses Verdachts agierten und Computerspiele verboten oder anderweitig repressiv kontrollierten, angefangen mit der Ordnungspolizei des Kaiserreichs, über die Gewerbekontrolle unter den Nationalsozialisten, in der Bundesrepublik und der DDR, bis hin zur Computerspielkontrolle durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) in der BRD und (in geringerem Maße) durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in der DDR. Zum anderen untersuche ich die diskursiven Bedingungen für deren Praktiken: Welche Moraldiskurse begründeten die Notwendigkeit eines Verbots? Auf welches Wissen bezogen sich die Kontrollinstitutionen bei ihren Entscheidungen? Das Ziel dieser Analyse ist, historische Spielkontrolle zu verstehen, nicht pauschal zu be- oder verurteilen.

Die These meiner Arbeit, dass Spielkontrolle im 20. Jahrhundert in Deutschland auf moralisch begründeten Imaginationen des Spiel(en)s und der Spielenden basierte, lege ich anhand vierer Aktensätze aus Medienkontrollinstitutionen dar (Innenministeriale Akten des Kaiserreichs, Ordnungspolizeiakten von 1933 bis 1960, Indizierungsentscheide der BPjS und Akten des SED-Staates). Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Genealogie von moral- und wissensbasierten Begründungen von Spielkontrolle und auf den Rückgriff von Kontrollinstanzen auf Spielbegriffe, die das zu kontrollierende Spiel einem natürlicheren und deshalb ‚besseren‘ Spiel gegenüberstellen.

 

Kurzbiogafie

Nils Bühler, geboren 1992, studierte Medienkulturwissenschaft, English Studies und Linguistik an der Universität zu Köln, wo er 2020 seinen Master of Arts im Fach Medienkulturwissenschaft absolvierte. Von 2018 bis 2019 arbeitete er als WHB im Geschäftszimmer des Instituts für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln. Bühler war außerdem mehrere Jahre lang als Assistenz und Onlineredakteur in der Kölner Digitalagentur result gmbh tätig. Seit 2021 promoviert er, seit 2022 als Stipendiat der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne.

 

 Mailadresse: nils.buehler[at]uni-koeln.de

 

Veröffentlichungen:

Bühler, Nils. 2023. „Politiken der Spielwirkung: Computerspiele und Indizierung in der Bonner Republik“. In Politiken des (digitalen) Spiels, herausgegeben von Arno Görgen und Tobias Unterhuber, 239–48. Game Studies 4. Bielefeld: Transcript. https://doi.org/10.14361/9783839467909-013.

Bühler, Nils. 2023. „Taking It Public: Walking the Fine Ethical Line of Game Regulation“. In Freedom | Oppression | Games & Play, herausgegeben von Nikolaus Koenig, Natalie Denk, Alexander Pfeiffer, Thomas Wernbacher, und Simon Wimmer, 375–89. Krems an der Donau: University of Krems Press. https://doi.org/10.48341/ttmb-rz82.

Bühler, Nils. 2023. „Technisierung des Menschlichen: Disruptionen naturalisierter Spielbegriffe am Beispiel der Digitalisierung“. Spiel|Formen 2: 125–44. https://doi.org/10.25969/mediarep/19724.

Bühler, Nils. 2022. „Protecting the Youth by Controlling the Ludic: BPjS Indexing Practices in 1980s Western Germany“. In Mental Health | Atmospheres | Video Games: New Directions in Game Research II., herausgegeben von Jimena Aguilar Rodríguez, Federico Alvarez Igarzábal, Micheal S. Debus, Curtis L. Maughan, Su-Jin Song, Miruna Vozaru, und Felix Zimmermann, 35–50. Studies of Digital Media Culture. Bielefeld: Transcript. https://doi.org/10.14361/9783839462645-005.

 

Vorträge:

Historische Wechselspiele: Zur Dialektik von Spielkultur und Recht, Vortrag im Rahmen des Symposiums »Recht im Spiel, Spiel im Recht«, Universität Innsbruck, 30.11.2023.

Technisierte Spiele als Krise des modernen Anthropozentrismus: Wie Spielautomaten und Computerspiele den Humanismus ängstigten, Vortrag im Rahmen der 3. Jahrestagung der Bamberg Graduate School for Literature, Culture, and Media »Machine Modernisms«, Otto-Friedrich-Universität, 17.06.2023.

Game Regulation Between Oppressing and Facilitating Freedom, Vortrag im Rahmen der 6. Future and Reality of Gaming Conference (FROG) "Freedom, Oppression, Games & Play", Donau-Universität für Weiterbildung Krems, 26.11.2022.

Fearing the Hybrid: How the Spread of Personal Computers Caused Concerns of Dehumanisation, Vortrag im Rahmen der 7. Cambridge AHRC International Conference "Hybridity", St Catherine's College, Cambridge, 21.09.2022.

Censoring Video Games Through a Youth Protection Pretext, Vortrag im Rahmen der 10. Clash of Realities, Cologne Game Lab der Technischen Hochschule Köln, 19.11.2019.

 

Lehre:

Gutes Spiel, schlechtes Spiel: Die soziale Konstruktion von Mediennutzung am Beispiel des digitalen Spiels, Seminar am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln, Sommersemester 2023.