Zwischen Geschichtlichkeit und Schöpfungsmacht
Die Cologne Summer School of Interdisciplinary Anthropology 2016: Genesis
von Aldo Wünsch
Cologne Summer School of Interdisciplinary Anthropology (CSIA)
The Phenomenality of Material Things: Praxis – Genesis – Cognition
II Genesis: 19.–24. September 2016
Der zweite Teil der dreijährigen Cologne Summer School of Interdisciplinary Anthropology The Phenomenality of Material Things: Praxis – Genesis – Cognition fokussierte im September 2016 die genetische Perspektive auf die Materialität von Dingen und ihre Wechselwirkung auf Kultur, Geschichte und Denken. Organisiert wurde sie in Kooperation mit dem Internationalen Kolleg Morphomata und dem Collaborative Research Centre 806 „Our Way to Europe“.
Die Cologne Summer School of Interdisciplinary Anthropology bietet ein Format, das die forschungsnahe Lehre des a.r.t.e.s. Research Lab mit der aktuellen Spitzenforschung weiterer Einrichtungen der Exzellenzförderung an der Universität zu Köln verbindet. Sie bietet Studierenden aus dem In- und Ausland somit eine einzigartige Möglichkeit, geisteswissenschaftliches Forschen in Köln kennenzulernen und aktiv daran teilzuhaben. In diesem Jahr bereicherten 23 internationale Stipendiatinnen und Stipendiaten – u. a. aus Deutschland, Belgien, Uganda, Weißrussland, Brasilien und den USA – die Sommerschule durch ihre Beiträge, Mitarbeit und Gesellschaft.
Über die drei zentralen partizipierenden Disziplinen der Summer School – Philosophie, Archäologie und Ethnologie – konnten verschiedene Konzepte und Beschreibungen herausgearbeitet werden, welche das Thema Genesis in sowohl methodischer Hinsicht als auch am konkreten Phänomenen thematisierten. Die Fragestellungen bewegten sich im Besonderen im Spannungsfeld von Theorie und Praxis: Inwiefern kann Genese als Phänomen erfasst und systematisch beschrieben werden? An zahlreichen theoretischen und praktischen Fallbeispielen konnten die Theorien am Objekt erprobt werden. Ebenso konnten an konkreten Beispielen phänomennahe Konzepte entwickelt werden welche im Durchgang von Einzelphänomenen Allgemeingültigkeit gewannen.
In Kooperation mit unseren Forschungspartnerinnen und -partnern konnte ein abwechslungsreiches Programm gestalten werden. Die Vormittage umfassten Vorträge und Seminare von Mitgliedern des a.r.t.e.s. Research Lab, den Trägerorganisationen und von den Studierenden selbst. Ergänzend dazu fanden Reading Groups statt, welche von den Studierenden geleitet wurden und Impulse aus dem Vormittagsprogramm mit in die Diskussion einbezogen und vertieften. Als Kontrastprogramm gab es Exkursionen, welche die Teilnehmenden u. a. in einen Umbanda-Tempel in Overath und in das Neandertal führten. Begleitet und angeleitet wurde die Gruppe dabei durch Expertinnen und Experten der jeweiligen Fachrichtungen. Am Mittwoch konnten die Studierenden ihre eigenen Forschungsprojekte präsentieren, welche die thematische Breite der Summer School – von Musikwissenschaften, Soziologie, Ethnologie bis zu theoretischer und praktischer Kunst – deutlich machten. Abschließend fand an mehreren Tagen ein geselliges Abendprogramm statt: ein “Jazz and Dine”-Abend mit Livemusik, Grillen im Neandertal und zwei gemeinsame Abende in Köln, an denen im Brauhaus Pütz und in der Cantina Mexicana ausgiebig gegessen, getrunken und geredet wurde.
Inhaltlich wurde die Summer School am Montag mit dem tagesübergreifenden Thema Genesis of Cultural Techniques von Jun.-Prof. Dr. Martin Zillinger eingeleitet, welcher über Conventions, Techniques and Innovations sprach, gefolgt von einem Seminar über Texte von Erhard Schüttpelz und Harvey Sacks. Zwei Reading Groups rundeten den Tag ab. Am Dienstag referierte Dr. Adi Efal-Lautenschläger im Kontext des Themas Genesis and Art über den “Philosophen als Designer” aus einer geschichtsphilosophischen Perspektive und leitete im Anschluss eine Textdiskussion über Philosophie, Technologie und Kunst. Am Nachmittag führte Marcello Muscari die Teilnehmenden durch einen Umbanda-Tempel und gab tiefe Einblicke in die brasilianische Religionspraxis. Am Mittwoch stellten die Stipendiatinnen und Stipendiaten ihre Projekte vor, welche thematisch von Sonic Materiality (Malte Kobel, Musikwissenschaft) über Material Self-mutation in Art (Nina Paszkowski, Kunst) bis hin zu Self Subsistance as Third Nature (Ryan Allan Sporer, Soziologie) reichten. Am Donnerstag leitete Dr. Johannes Schick zusammen mit Shumon Hussain ein Seminar über Texte von André Leroi-Gourhan und François Sigaut, welche aus philosophischer und archäologischer Perspektive beleuchtet und diskutiert wurden. Nach einer weiteren Reading Group, organisiert von Justus Hillebrand (Geschichte), folgte eine Exkursion in das Neandertal, wo den Teilnehmern zahlreiche prähistorische Techniken gezeigt wurden, welche im Anschluss selbst erfahren und ausprobiert werden konnten. Am Freitag gab Dr. Emanuele Caminada eine Einführung in die genetische Phänomenologie Edmund Husserls, gefolgt von einer Vorlesung über Techniken und Hintergründe der römischen Keramik von Dr. Asuman Lätzer-Lasar. Im Anschluss leitete Massimiliano Simons (Soziologie) eine Reading Group über Texte von Bruno Latour und Michel Serres. Am Nachmittag schloss der inhaltliche Teil der Summer School 2016 mit einer offenen Diskussionsrunde über die Ergebnisse der Forschungen.
Zusammenfassend wurde die Sommerschule von allen Beteiligten als sehr gelungen aufgefasst, die Qualität der Beiträge war durchweg hoch und die Diskussionsbereitschaft der Teilnehmenden schuf eine ausgezeichnete Forschungsatmosphäre, welche sowohl gute Ergebnisse als auch neue Kontakte und Freundschaften brachte. So freuen wir uns dieses Jahr sehr auf den dritten Teil der Summer School und sind davon überzeugt, dass sie ebenso erfolg- und ertragreich sein wird!