zum Inhalt springen

Philosophische Forschergruppe zur „Induktiven Metaphysik”

a.r.t.e.s.-Klassenmentor Andreas Hüttemann berichtet über die neu eingerichtete DFG-Forschergruppe

von Alessa Hübner

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat 2016 sieben neue Forschergruppen an verschiedenen Hochschulen eingerichtet, unter diesen ist auch die in der Philosophie angesiedelte Forschergruppe 2495 „Induktive Metaphysik“ um Prof. Dr. Andreas Hüttemann. Als Lehrstuhlinhaber für theoretische Philosophie der Neuzeit und Gegenwart am Philosophischen Seminar der Universität zu Köln forscht er schwerpunktmäßig in den Bereichen Wissenschaftstheorie, Metaphysik und Frühe Neuzeit. Zusammen mit Prof. Dr. Saskia Wendel ist Andreas Hüttemann außerdem Mentor der a.r.t.e.s.-Graduiertenklasse 6 „Life-Science: Natur – Kultur – Agency“.

Durch die Einrichtung von Forschergruppen ermöglicht die DFG den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen des Fachgebiets zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Die maximale Förderdauer von Forschergruppen beträgt zweimal drei Jahre. In der ersten Förderperiode erhalten die sieben neuen Gruppen insgesamt rund 17 Millionen Euro. Was die Inhalte und Ziele der Forschergruppe „Induktive Metaphysik“ sind, berichtet uns Andreas Hüttemann im Interview.

a.r.t.e.s. Graduate School: Lieber Herr Professor Hüttemann, wir gratulieren ganz herzlich zur neuen Forschergruppe. Was genau ist ‚induktive Metaphysik‘?

Prof. Dr. Andreas Hüttemann: Die Metaphysik beschäftigt sich mit Fragen, die die grundlegende Struktur der Wirklichkeit und die Rolle des Menschen in ihr betreffen. Dazu zählen auch Fragen danach, was Eigenschaften, Naturgesetze oder Kausalität sind, sowie Fragen, die das Verhältnis von Körper und Geist oder den Zusammenhang von Determinismus und Freiheit betreffen. Die Forschergruppe zielt darauf ab, ein neues Verständnis der Natur und der Methodologie der Metaphysik zu entwickeln. Insbesondere wird angenommen, dass empirische Prämissen – zum Beispiel aus den Naturwissenschaften – und induktive Schlussweisen eine wichtige Rolle bei der Beantwortung dieser Fragen spielen sollten.

 

Wie ist es zu der Idee für die Forschergruppe gekommen und was sind ihre Ziele?

Einige Beteiligte hatten schon früher in einer anderen Forschergruppe kooperiert. Dort ging es um wissenschaftstheoretische Begriffe wie Erklärung, Kausalität, Naturgesetze und Dispositionen. Diese Themen ragen gewissermaßen in die Metaphysik hinein und naturgemäß spielen in diesem Zusammenhang empirische Überlegungen eine große Rolle. Aus diesem Grund stellte sich dann grundsätzlich die Frage, welche Rolle empirische Prämissen und Schlussweisen für metaphysische Fragestellungen spielen können. Es hat sich dann gezeigt, dass es im deutschsprachigen Bereich am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits eine philosophische Strömung gab, die sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt hatte und die damals „Induktive Metaphysik“ hieß.

Die neue Forschergruppe besteht nun aus verschiedenen Arten von Projekten. Die eine Gruppe beschäftigt sich mit genuin metaphysischen Fragestellungen, die z. B. die Natur von Eigenschaften oder von Modalität wie auch das Verhältnis von Determinismus und Freiheit betreffen. Die andere Gruppe von Projekten betrachtet historisch und systematisch, wie solche Fragen zu beantworten sind. Das Ziel ist, dass die verschiedenen Projekte durch die enge Zusammenarbeit ihre jeweiligen Fragestellungen reflektierter beantworten.

 

Wie kann man sich Forschung auf dem Gebiet der induktiven Metaphysik vorstellen?

Wie auch sonst in der Philosophie geht es um die Auseinandersetzung mit in den meisten Fällen verschriftlichten Argumenten. Die Forschergruppe bietet den Vorteil, dass wir die Argumente und Thesen regelmäßig gemeinsam diskutieren können, was besonders deshalb eine große Hilfe ist, weil die Beteiligten über einen geteilten Lektürehintergrund verfügen.

Das Projekt ist im Grunde ein genuin philosophisches und in diesem Sinne disziplinäres Projekt. Aber natürlich ist es bei der Diskussion der Fragen von Nutzen, die fraglichen Wissenschaften ein wenig zu kennen. Und tatsächlich hat ungefähr die Hälfte der Mitglieder unserer Gruppe auch einen akademischen Abschluss in einer Naturwissenschaft.

 

Wie kann man sich die Arbeit der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den verschiedenen Standorten Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Köln und Münster vorstellen? Und welche Aufgabe haben Sie selbst innerhalb der Forschergruppe?

Wenn Philosophinnen und Philosophen miteinander kooperieren, ist es am wichtigsten, miteinander zu reden, die eigenen Ideen vorzustellen und zu diskutieren. Deshalb treffen wir uns regelmäßig miteinander, auch im Rahmen von Workshops. Die Entfernungen zwischen den verschiedenen Universitäten sind ja nicht sehr groß, so dass jeder bequem morgens hin- und abends zurückfahren kann.

Ich selbst habe in der Gruppe zwei Aufgaben. Erstens gibt es die Rolle des Antragsstellers. Da forsche ich gemeinsam mit einem Postdoc zu der Frage, welche letztlich auf empirische Sachverhalte zurückgehende Annahmen in Argumenten vorausgesetzt werden, die darauf abzielen, zu zeigen, dass Freiheit und Determinismus unvereinbar sind. Wir versuchen, diese Annahmen zu benennen und auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen. Zweitens gibt es dann die Rolle des Sprechers. Da muss man das Funktionieren der Forschergruppe als Ganzes im Blick haben. Das fängt bei den Einladungen zu den Treffen an, umfasst das Einrichten der Website (noch nicht geschehen), die Kontrolle der Zweckmäßigkeit der Ausgaben – etwa für Workshops und eine Summer School –, die Verantwortung für die Veranstaltungen, aber auch die Einhaltung relevanter Termine, was den Verlängerungsantrag angeht. Wichtig ist in erster Linie, alles im Blick zu behalten.

 

Wir danken Andreas Hüttemann für das Gespräch!

*