Lisbeth Matzer ist seit November 2020 Akademische Rätin auf Zeit am Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München. Davor war sie MSCA-Fellow im „EUmanities“ Programm der a.r.t.e.s. Graduate School der Universität zu Köln (Horizon 2020: Marie Skłodowska-Curie grant No. 713600). Als Lehrbeauftragte unterrichtete sie bereits in Graz (WS 2016/17), Köln (WS 2019/20) und Halle (SoSe 2020) im Bereich der Neuesten Geschichte und der Historischen Erziehungswissenschaften. Von 2016 bis 2017 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte (Zeitgeschichte) an der Universität Graz beschäftigt, von 2014 bis 2016 arbeitete sie ebendort auch als wissenschaftliche Projektmitarbeiterin am Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte. Ihr Studium der Geschichte (Masterabschluss 2016) und Erziehungswissenschaften/Weiterbildung-Erwachsenenbildung (Masterabschluss 2015) absolvierte sie ebenfalls in Graz. In Forschung und Lehre beschäftigt sie sich besonders mit Kulturgeschichte(n), der Geschichte von Grenzräumen (borderlands studies), der Geschichte von Jugend und generellen Fragen bezüglich der Transformation und Tradierung von kollektiven Gedächtnissen, Narrativen und Ideologien im Kontext von Autoritarismus, Faschismus und/oder Demokratisierung. Als EU-manities Alumni wollen wir von Lisbeth Matzer wissen, wie sie die Zeit bei a.r.t.e.s. geprägt hat.
a.r.t.e.s. Graduate School: Liebe Lisbeth, nach deiner Promotion im "EUmanities"-Programm von a.r.t.e.s. bist du nun Akademische Rätin auf Zeit am Lehrstuhl für Europäische Geschichte an der LMU München - herzlichen Glückwunsch! Kannst du uns genauer von den Aufgaben deiner neuen Stelle erzählen?
Lisbeth Matzer: Im Gegensatz zum „freien“ Promovieren bei a.r.t.e.s. und speziell als EUmanities-Fellow bin ich jetzt in das „tägliche Brot“ der Lehrstuhlarbeit eingebunden. Konkret heißt das für mich, dass ich neben der Forschungstätigkeit pro Semester zwei Lehrveranstaltungen (5 SSt) unterrichte, das Kolloquium/Oberseminar des Lehrstuhls mitgestalte, die ERASMUS-Kooperationen und Bewerbungen (besonders: Italien und Spanien) koordiniere ebenso wie Buchankäufe und (zum Glück nur kleinere) IT-Angelegenheiten administriere. Im „Kernteam“ des Lehrstuhls – gemeinsam mit Prof. Kiran Klaus Patel und meinem Kollegen Thomas Rohringer – ergeben sich dann natürlich immer kleinere Engagements oder Zuständigkeiten, vor allem auch, weil wir mit dem bei uns angegliederten Fellowship-Programm (Projekthaus Europa) mehrmals jährlich Gastwissenschaftler*innen begrüßen können.
Deine Dissertation hat das Thema "Herrschaftssicherung im 'Grenzland'. Nationalsozialistische Jugendmobilisierung im besetzen Slowenien (1941-1945)". Forscht du weiterhin zu diesem Thema oder hast du einen neuen Forschungsschwerpunkt gesetzt?
Jein – ich werde noch ein paar wenige Artikel aus den Dissertationsforschungen veröffentlichen, da ich die Fülle des gesammelten Materials noch nicht voll ausgeschöpft habe und einige in der Dissertation behandelte Aspekte noch vertiefen möchte. Im Rahmen meiner neuen Stelle soll und kann ich mich aber auch habilitieren – wozu ich gerade mitten in der vertiefenden Projektentwicklung stecke und noch nicht besonders elaboriert darüber sprechen kann und will.
Welche Möglichkeiten bietet deine Stelle als Akademische Rätin, deine Forschungsschwerpunkte und Interessen weiter zu verfolgen und zu vertiefen?
Alle, die ich haben wollte, könnte man sagen – vor allem auch, weil ich an einem Lehrstuhl und in einem Team gelandet bin, wo ich für meine Interessen großartige Austausch-, Vertiefungs- und Anknüpfungspunkte finde und mir inhaltlich entsprechend die für mich notwendigen Freiräume gegeben werden bzw. erhalten bleiben. Die LMU München bzw. das Historische Seminar ist hierfür auch ein besonders attraktiver Ort, da auch an anderen Lehrstühlen sehr viele für mich interessante Forschungen laufen. Als „Neuling“ bin ich gespannt, wohin mich das führen wird und hoffe, dass ich recht schnell eine gute Balance auch mit den oben geschilderten Aufgabengebieten finde, um auch ausreichend Zeit für die Verfolgung meiner Forschungsinteressen zu haben.
Deine Promotion hast du im Rahmen des "EUmanities"-Programms absolviert. Inwiefern hat die Zeit bei a.r.t.e.s. dich auf deine wissenschaftliche Laufbahn vorbereitet und welche Erfahrungen aus dieser Zeit sind besonders wertvoll?
Über „EUmanities“ habe ich erstmals das deutsche Hochschulsystem von innen kennen gelernt – für meinen neuen Job natürlich von Vorteil. Als Teil der ersten Generation des MSCA-Programms hatten wir aber auch einiges an Hürden oder Unklarheiten zu überwinden, was aber aus heutiger Sicht zwei positive Effekte hatte: Zum einen habe ich für mich (etwas besser) gelernt, akademische oder universitäre Strukturen und Regelwerke nicht immer als unüberwindbar und somit demobilisierend zu verstehen – ich bin mittlerweile quasi nüchterner und pragmatischer geworden. Zum anderen hat uns das als Gruppe des „ersten Büros“ stark zusammen geschweißt – und diese (und andere in Köln und auch bei a.r.t.e.s.) geschlossenen, „transdisziplinären“ Freundschaften finde ich enorm wichtig, um im Uni-Zirkus nicht den Verstand (und sich selbst) zu verlieren. Vor allem, weil es guttut, in Krisensituationen und persönlichen Tiefphasen großartige Menschen zu haben, die einen da wieder raushelfen – egal ob kurz vor der Abgabe der Diss, vor der Defensio oder im Post-Doc-Bewerbungslauf. Das ist vermutlich das wichtigste, das ich von a.r.t.e.s mitnehme.
Wir danken Lisbeth Matzer für das Gespräch!