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Dissertationsprojekt von Nuria Cafaro

Wilde Streiks und Betriebsbesetzungen. Arbeitskämpfe in Westdeutschland, Italien und Frankreich um 1968 (Arbeitstitel)

Seit 1968 und mit einem Höhepunkt im Jahr 1973 fanden in mehreren europäischen Ländern, darunter besonders intensiv in Frankreich, Italien und Westdeutschland, Arbeitskämpfe statt, die nicht wie üblich tarifpolitisch habitualisiert verliefen und meist nicht gewerkschaftlich getragen wurden, sondern neue Formen des Arbeitskampfs und mit dem Operaismus gar eine politisch-kulturelle Strömung hervorbrachten. Auch die wachsende Bedeutung aktivistischer Studierender, die „ins Proletariat gingen“, war prägend. In der Bundesrepublik Deutschland streikten 1973 vielerorts Migrant:innen und protestierten so gegen ihre spezifischen Arbeits-, Lohn- und Lebensumstände. Auch die Kölner Fordwerken waren im August 1973 Schauplatz eines „wilden“ Streiks, der maßgeblich von der migrantischen Belegschaft getragen wurde. Der Streik eskalierte in einem Polizeieinsatz und vor allem der Spaltung der Belegschaft: der überwältigende Teil der deutschen Arbeiter:innen solidarisierte sich nicht, es kam zum Bruch zwischen den Streikenden und den Betriebsrats- und IG Metall- Strukturen.

Die historische Bedeutung des Streiks geht längst über das Ereignis an sich hinaus, das auch als Wendepunkt für die Subjektwerdung der sogenannten „Gastarbeiter“ im bundesrepublikanischen öffentlichen Bewusstsein angesehen werden kann. Als solcher wurde der Arbeitskampf in den letzten Jahrzehnten immer wieder zum Bezugspunkt migrantischer Selbstorganisierung und auch ein wichtiger Impuls für die Debatten um die Humanisierung der Arbeit.

Das Promotionsprojekt versucht, die verschiedenen Anteile, Anfänge und Bewegungen, die sich im Ford-Streik 1973 ausdrückten, herauszuarbeiten und das Ereignis in einem asymmetrischen Vergleich mit den damaligen Arbeitskämpfen bei FIAT in Turin und Lip in Besançon für die deutsche Migrations-, Sozial- und Bewegungsgeschichte sowie für eine (vergleichende) europäische Streikgeschichte nutzbar zu machen.

Das Projekt wird im Rahmen des Mercator-Programms gefördert und arbeitet in einer einjährigen Praxisphase mit dem Dokumentationszentrum und Museum für Migration in Deutschland (DOMiD) zusammen.

 

Kurzbiographie

Nuria Cafaro, geboren 1995, studierte Geschichte, Philosophie und Bildungswissenschaften an der Universität zu Köln. Während ihres Studiums arbeitete sie als studentische und wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl und in Projekten von Prof. Dr. Hans-Peter Ullmann. Seit 2020 ist sie in der historischen Bildungsarbeit mit einem Schwerpunkt auf Migrationsgeschichte von Frauen sowie Gewerkschaftsgeschichte tätig. 2022 leitete sie beim Kölner Frauengeschichtsverein das vom Digitalen Deutschen Frauenarchiv geförderte Projekt „Selbstorganisierung von Migrantinnen in Köln“. Im Rahmen des Mercator-Programms ist sie seit April 2023 Stipendiatin im Integrated Track der a.r.t.e.s. Graduate School. Ihr Projekt wird von Prof. Dr. Ute Planert und Prof. Dr. Norbert Finzsch betreut.

 

Kontakt: ncafaro[at]smail.uni-koeln.de

 

Publikationen

Nuria Cafaro, agisra e.V., auf: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/akteurinnen/agisra-ev#actor-links (14.09.2023).

Nuria Cafaro, Der Streik der Pierburg-Arbeiterinnen - Ihr Kampf bleibt unser Kampf, in: Wir Frauen, H.2 , Band: 42/2023, S. 26-27.

Nuria Cafaro, »Die einzige Waffe ist der Streik«? Ein Rückblick auf die »wilden« Streiks 1973, in: express 7-8/23.

Nuria Cafaro, Bernd Hüttner, Caner Tekin (Hg.), Gelingende und misslingende Solidarisierungen. Spontane Streiks in Westdeutschland um 1973, Berlin 2023.

Nuria Cafaro, Selbstorganisierung von Migrantinnen in Westdeutschland, auf: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/themen/selbstorganisierung-von-migrantinnen-westdeutschland (25.08.2023).

 

 

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