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Dissertationsprojekt von Isabel Köhr

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    Die Ruine Burg Münzenberg in der Wetterau. © Dr. Katarina Papajanni, 2019.
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    Die Burg Münzenberg abgebildet auf einer Postkarte, gestempelt 27.6.[19]03, 9 x 14 cm, gedruckte schwarz-weiß-Postkarte nach einem Foto, Kunstverlagsanstalt Gebrüder Metz, Erscheinungsort: Tübingen. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, HStAD R 4 Nr. 39880. © Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Sammlung Gebr. Metz.
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    Das Fachgebiet der Bauangelegenheiten und Denkmalpflege der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen vor der neoromanischen Halle des Schlosses in Bad Homburg. Von links nach rechts: Annegret Roth, Isabel Köhr, Christoph Haarmann, Dr. Anja Dötsch (Abteilungsleiterin), Susanne Erbel, Dr. Malte Nettekoven, Dr. des. Nils Wetter (stellv. Abteilungsleiter), Dr. Katarina Papajanni mit Phoíbē. © Isabel Köhr, 2022. Fotograf: Yannick Schwarz.

Burg – Bilder – Bedeutungswandel. (Re-)Framing von mittelalterlichen Baudenkmälern im Spiegel der Bildmedien bis zur Gegenwart am Beispiel von Burg Münzenberg. (Arbeitstitel)

Von der Bedeutung des hessischen Kulturdenkmals Burg Münzenberg in der Wetterau zeugen zahlreiche Abbildungen auf den unterschiedlichsten Bildmedien wie Münzen, Wappen, Graphiken, Postkarten, Fotografien, im World Wide Web oder im Film seit ihrer Gründung im 12. Jahrhundert bis heute. Zur Wahrnehmung der Burg trugen bzw. tragen sie essentiell bei. Als materielle Zeugnisse eines andauernden Erbes manifestiert sich in ihnen der Umgang mit regionaler/n Identität/en und Erinnerung/en. In den Darstellungsweisen der Burg einen vom jeweiligen politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und historischen Kontext abhängigen Bedeutungswandel anzunehmen, bildet die These des Promotionsprojekts. Mithilfe des kulturhistorischen Konzepts des (Re-)Framings und der Objektbiographien sollen die zeitgebundenen Strukturen hinter den Darstellungen analysiert und der andauernde Prozess mit den vielfältigen Zuschreibungen bis zur Gegenwart aufgezeigt werden. Neue Rahmenbedingungen – Frames – verändern die Bildmedien, ihre Botschaft und deren Wahrnehmung. Ziel ist es, Brüche und Kontinuitäten in den Darstellungsweisen aufzuzeigen. Um diese von Machtfragen beeinflussten Transferprozesse zu analysieren, eignet sich daher das Konzept des (Re-)Framings. Entscheidend sind dabei die für die Bildmedien verantwortlichen Akteur*innen, wie zum Beispiel die unterschiedlichen Burgbesitzer*innen (wie anfänglich die Burgherren von Münzenberg oder heute die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen), die Stadt, die Denkmalpflege, die Wissenschaft, die Kunst oder die private Wirtschaft. Beeinflusst von der Ikonologie und dem Dekonstruktivismus gilt es Fragen der kulturellen Aneignung zu untersuchen: Wie und für welche Zwecke wurden und werden die Abbildungen der Burg von den unterschiedlichen Akteur*innen vereinnahmt? Welche künstlerischen Mittel setz(t)en sie dafür ein? Welche Botschaften bleiben, verschwinden, werden reaktiviert oder semantisch neu aufgeladen? In welchem Spannungsfeld bewegen sich die Bildmedien und die Darstellungsmodi der Burg? Dabei spielt das Verhältnis zur Burganlage, der Nutzungsgeschichte und der (kulturellen) Landschaft der Wetterau eine entscheidende Rolle. Auch das Verhältnis untereinander wie Abhängigkeiten, Wechselwirkungen oder Konkurrenzen gilt es zu prüfen. Untrennbar mit der Analyse verbunden sind Konstruktionen des Erbens, der Identität(en) und der Erinnerung. Folglich stellt sich konstant die Frage: wie wird regionale Teilhabe abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen seit mehr als 700 Jahren immer wieder neu verhandelt und wie drückt sie sich auf/in den unterschiedlichen Bildmedien aus? Die Arbeit ermöglicht, den fortwährenden Aushandlungsprozess eines Kulturerbedenkmals von seinen Anfängen bis heute nachzuvollziehen

Im Kontext der internationalen Debatte zum Umgang mit umstrittenen (post-)kolonialen Denkmälern im öffentlichen Raum ist es ebenso wichtig, einen Blick auf den regionalen Umgang mit vermeintlich unstrittigem Erbe wie Burgen zu richten. An der Schnittstelle zwischen architekturgeschichtlicher Denkmalpflege und Kunstgeschichte zu verorten, soll das Dissertationsprojekt einen Beitrag zur kritischen Reflexion von regionalem Kulturerbe an einem ausgewählten Beispiel im materiellen und historischen Bestand und deren Rezeption leisten.

 

Praxisphase

Burg Münzenberg ist eine Liegenschaft der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen. Dort ist Isabel Köhr seit 2019 beschäftigt. Im Rahmen der geplanten Mitarbeit an einer Informationsausstellung zur Baugeschichte besteht eine Verbindung zum Dissertationsprojekt. Synergetisch bedingen sich dabei wissenschaftliche Forschung und Praxis. Über diese produktive Wechselwirkung soll das Forschungsvorhaben einer kritischen Reflexion ggf. in der Ausstellung zum Tragen kommen und einen öffentlichen Diskurs anregen.

Weitere Informationen zum Kooperationspartner, den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen: https://www.schloesser-hessen.de/de/.

 

Kurzbiographie

Isabel Köhr studierte Klassische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters an der Eberhard Karls Universität Tübingen sowie Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. Während des Studiums sammelte sie erste praktische Erfahrungen bei Ausgrabungen sowie Surveys auf Pantelleria, Linosa oder in Milet, bei kleinen Ausstellungsprojekten, als wissenschaftliche Hilfskraft im Forschungsprojekt „Interdisziplinäre Analyse kultureller Kontakte in antiken Randzonen“ bei Prof. Dr. Richard Posamentir am Institut für Klassische Archäologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen und im Kölner Kunsthandel (Galerie für zeitgenössische Kunst Anja Knoess und Auktionshaus Lempertz). Sie schloss ihren Master mit der Arbeit „Zwischen privat und öffentlich. Ladeninterieurs in der skandinavischen Malerei Ende des 19. Jahrhunderts“ ab. Nach einem wissenschaftlichen Volontariat bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen, arbeitet sie seit Juli 2021 weiterhin in der Abteilung der Bauangelegenheiten und Denkmalpflege als wissenschaftliche Projektangestellte. Seit Oktober 2021 ist sie außerdem Kollegiatin der Klasse 5 in der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne an der Universität zu Köln sowie Mercator-Fellow für duale Promotionen in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Betreut wird ihr Dissertationsprojekt von Prof. Dr. Susanne Wittekind am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln.

 

Veröffentlichungen:

Isabel Köhr: Ein Nuppenbecher aus Lorsch – Hohlglas an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. In: Katarina Papajanni (Hrsg.) Geschichte schöpfen – Quellen aus einem Brunnen. 30 Jahre Weltkulturerbe Kloster Lorsch. Regensburg 2022 (In Druck).

Luisa Balandat, Isabel Köhr: Einleitung, Teil I. Afrika, Teil II. Ozeanien, Teil III. Asien. In: Stefan Krmnicek (Hrsg.): More than Money. Begleitheft zur Ausstellung am Institut für Klassische Archäologie der Universität Tübingen, Schloss Hohentübingen, 17. Oktober bis 13. Dezember 2013. Tübingen 2013, S. 7-33.

Isabel Köhr: Nr. 11 Weißgrundige Lekythos. In: Kathrin B. Zimmer (Hrsg.): Täuschend echt. Begleitband zur Ausstellung des Institutes für Klassische Archäologie im Museum der Universität Tübingen MUT/Alte Kulturen/Schloss Hohentübingen, 11. November 2013 bis 18. Februar 2014. Tübingen 2013, S. 148.

Isabel Köhr, Kathrin B. Zimmer: Nr. 19 Statuette einer Aphrodite. In: Kathrin B. Zimmer (Hrsg.): Täuschend echt. Begleitband zur Ausstellung des Institutes für Klassische Archäologie im Museum der Universität Tübingen MUT/Alte Kulturen/Schloss Hohentübingen, 11. November 2013 bis 18. Februar 2014. Tübingen 2013, S. 164.