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Dissertationsprojekt von Julia Willms

Diskursanalytische Zugänge zur Situierung intentionaler Tötungsdarstellungen in Bildmedien des 20. und 21. Jahrhunderts (Arbeitstitel)

 

Seit der medientechnologischen Genese der Bewegtbilddarstellung Ende des 19. Jahrhunderts werden bis in die zeitgenössischen Bildmedien immer wieder Momente der Zäsur erkennbar: Das audiovisuelle Bewegtbild wird seitdem wiederholt als Möglichkeitsbedingung für ein Phänomen genutzt, das das vorliegende Promotionsprojekt in den Blick zu nehmen versucht. Dezidiert geht es dabei um den Akt intentionaler Tötung vor der Kamera, der zum Zweck seiner eigenen Aufnahme verübt wird. Relevant für das Projektinteresse ist dabei insbesondere das Vordringen solcher Bilder in den öffentlichen Diskurs und die damit einhergehende und beobachtbare momentane Akkumulation von öffentlicher Aufmerksamkeit. Ein rezentes Beispiel im deutschsprachigen Raum stellt dabei das Livestreaming des Terroranschlags von Halle aus dem Jahr 2018 dar, in dessen Kontext der Täter die mediale Streuung der produzierten Gewaltbilder forcierte. Unter Bezugnahme auf verschiedene Mediendispositive verfolgt das Projekt jedoch ein über zeitgenössische Beispiele herausreichendes medienarchäologisches Interesse, um exemplarisch über das 20. und 21. Jahrhundert hinweg Merkmale des Phänomens intentionaler Tötung vor der Kamera zu erarbeiten.
Übergeordnet beobachtbar wird dabei, dass solche Fälle der Verletzung kultureller Grenzen zunächst anhand ethischer und rechtlicher Kriterien als solche markiert und diskursiv häufig Praktiken des Ausschlusses öffentlicher Kommunikation unterworfen werden. Die doppelte Intentionalität zwischen absichtsvoller Gewalt und ihrer Ausführung zum Zweck medialer Vermittlung legt in vielerlei Hinsicht jedoch nicht nur ein Denken in Ausschlüssen, sondern auch in Anschlüssen nahe. Das Projekt nimmt diese Bilder als Provokation gegenüber Wissens- und Kommunikationsordnungen in den Blick und fokussiert unter anderem folgende Fragen: Können solche Phänomene als kulturelle Praktiken definiert werden? Innerhalb welcher Netzwerke jenseits der offiziellen kulturellen Kommunikation zirkulieren sie? Und müssen angesichts solcher vermeintlich ausgeschlossenen Anschlüsse auch normative wissenschaftstheoretische Zugänge in ihren Analysen oder Modellen der Interdisziplinarität anders gedacht werden?

 

Kurzbiografie

Julia Willms studierte von 2011–2015 Angewandte Literatur- und Kulturwissenschaften (BA) in Dortmund, absolvierte ein Gaststudium in den USA (B.A.) sowie ein Masterstudium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Frankfurt (2015-2018). Als studentische Hilfskraft war sie zwischen 2012 und 2015 in Dortmund tätig und unterrichtet seit dem Wintersemester 2020 als Dozentin an der Universität zu Köln am Institut für Medienkultur und Theater.
Seit Oktober 2020 promoviert Julia Willms an der Universität zu Köln im Fach Medienkulturwissenschaften und ist seit Oktober 2021 Kollegiatin im DFG-geförderten Graduiertenkolleg „anschließen-ausschließen – Kulturelle Praktiken jenseits globaler Vernetzung“. Zuvor war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt „Medienpathologien: Die Zuschreibung krankhafter Folgen von Kunst- und Medienrezeption und deren Interferenz mit ästhetischen Konzepten“ tätig. Ihr Promotionsprojekt wird von Prof. Dr. Nicolas Pethes (Köln), Prof. Dr. Stephan Packard (Köln) und Prof. Dr. Sandra Kurfürst (Köln) betreut.

 

Kontakt: jwillms1[at]uni-koeln.de

 

Aufsätze in Sammelbänden

Willms, Julia: Todesdarstellungen im Kontext dokumentarischer Affektökonomien. In: Pethes, Nicolas/Düwell, Susanne (Hrsg.). Medienkritik und Wirkungsästhetik. Konvergenzen von Zuschreibungen schädlicher und wünschenswerter Rezeptionseffekte von Literatur und Medien seit dem 18. Jahrhundert [vrsl. 2022] [in Vorbereitung].

Willms, Julia: Körperlichkeit und Genderkonzepte im Horrorfilm (gemeinsam mit Sarah Reininghaus). In: Bieling, Tom (Hrsg.): GENDER (&) DESIGN. Positionen zur Vergeschlechtlichung in Gestaltungskulturen. Trient: Mimesis International 2020, S. 99-111.

 

Aufsätze in Zeitschriften

Willms, Julia: Das Netflix-Dilemma (gemeinsam mit Nicolas Pethes). In: Hecken, Thomas et. al. (Hrsg.): POP. Kultur und Kritik (Jg. 10, 1/2021). Bielefeld: transcript. S. 150-176.

Willms, Julia: ’It’s like theater' - Soziale Konzepte von Gender und Körperlichkeit in Ari Asters Midsommar (gemeinsam mit Sarah Reininghaus). In: Bieling, Tom (Hrsg.): DESIGNABILITIES. Design Research Journal for social, cultural and political Discourse, Transformation and Activism, 15.05.2020. Unter: http://www.designforschung.org, dort auch als PDF-Download verfügbar.

 

Vorträge

Viralität. Zur Phänomenologie medial vermittelten Terorrs. Gehalten am 20.10.2021 im Rahmen der Tagung „Ansteckung – Vom medizinischen Begriffsfeld zum kunstwissenschaftlichen Analytikum“, Universität Bayreuth.

“Blood and Guts Television“. Öffentlicher Suizid als Geste der Negation. Gehalten am 21. Juli 2021 im Rahmen der Summer School „Aesthetic Possibilites: Literature, Rhetoric, Philosphy: “I would prefer not to.” – Negation, Verweigerung, Verzögerung“, organisiert von der Universität zu Köln, University of California, Berkeley und der Yale University.

Todesdarstellungen im Kontext dokumentarischer Affektökonomien. Gehalten am 18. März 2021 im Rahmen der Tagung „Medienkritik und Wirkungsästhetik. Konvergenzen von Zuschreibungen schädlicher und wünschenswerter Rezeptionseffekte von Literatur und Medien seit dem 18. Jahrhundert“, Universität zu Köln.

Kannibalismus. Die Figur des Serienkillers als Kannibale im Zeitalter des Kapitalismus. Gehalten am 30. November 2017 im Rahmen der Lehrveranstaltung „Shocking Representation or the Horrors of History? - Geschichte, Nation und Trauma im Horrorfilm“ an der TU Dortmund.

Reenactment and the Making of History – The Look of Silence and the Act of Killing von Joshua Oppenheimer. Gehalten am 21. Juni 2016 im Rahmen der Lehrveranstaltung „Screening the 'Real': Documentary Cinema in Germany and the U.S.“ an der TU Dortmund.

Titicut Follies – the ‚real‘ unpleasure. Gehalten am 1. Juli 2015 im Rahmen der Veranstaltung „The Cinema of Unpleasure. Feel Bad Films, New Extremity, and the Unwatchable“ des „International Summer School Program“ des Lehrstuhls für Amerikanistik der TU Dortmund.

 

Lehrveranstaltungen

Wintersemester 2021/22: „Zum Status des Dokumentarischen bei Netflix“ (Institut für Medienkultur und Theater, Universität zu Köln)

Sommersemester 2021: „Schreib- und Wissenschaftspraxis“ (Institut für Medienkultur und Theater, Universität zu Köln)

Wintersemester 2020/21: „Gewalt im Film“ (Institut für Medienkultur und Theater, Universität zu Köln)

 

 

 

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