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Dissertationsprojekt von Jingru Li

Kommunikative Kompetenzen in der chinesischen und deutschen Dolmetscherausbildung: Fallstudien (Arbeitstitel)

Dolmetschen findet in menschlichen Interaktionen statt. Sowohl die Gesprächspartner als auch der Dolmetscher sind handlungsfähigen Menschen. Deshalb sollte der Dolmetscher nicht als ein „Sprachrohr“ oder eine gefühllose Übersetzungsmaschine betrachtet werden. Außerdem ist der Dolmetscher in meisten Fällen der Dolmetscher die einzige Person im Gespräch, die den ausgangsprachlichen Kode des Senders und des zielsprachlichen Empfängers entschlüsselt und über kulturelle Kenntnisse der zwei Länder verfügt. So fühlen sich die jeweiligen Gesprächspartner mit dem Dolmetscher auf einer Seite stehend. Aber aufgrund der Unterschiede zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen treffen die Dolmetscher beim Übersetzen häufig Hindernisse. Ist komplett loyal zu dem Originaltext zu sein immer angemessen? Ist eine Änderung des Ausgangstextes immer unmoralisch? Ist es eine gute Strategie, dass man die Worte vom Ausgangstext weglässt, nur um die möglichen Missverständnisse vorzubeugen? Die Komplexität und Dynamik der Dolmetschensprozesse entscheiden, dass eine fixe Strategie keine gute Lösung für solche Fragen ist. Ein Dolmetscher soll in der Lage sein, sich zu entscheiden, wie die Reden auf optimale Weise übersetzt werden könnten. Um die Entscheidungen optimal zu treffen, braucht der Dolmetscher die kommunikative Kompetenz. Auffällig ist es, dass die kommunikative Kompetenz in der Wirtschaft, v.a. in der Berufswelt, häufig als eine der Schlüsselkompetenzen gilt, aber ist pauschal und intuitiv betrachtet. Aus diesem Ausgangspunkt soll eine neue Auseinandersetzung aus der interdisziplinären Perspektive sinnvoll.

Davon ausgehend geht es in dieser Arbeit aus der Perspektive der Systemtheorien auf den Sinn der kommunikativen Kompetenz beim Dolmetschen ein und deren Entwicklung in der Dolmetscherausbildung wird durch empirische Untersuchungen in chinesischen und deutschen Hochschulen erörtert. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von den zwei Bildungssystemen in puncto Entwicklung der kommunikativen Kompetenz werden durch Interviews und Umfragen herausgefunden. Darauf aufbauend wird eine neue Modellierung des Begriffs „Kommunikativer Kompetenz“ in der Sonderform der Kommunikation -  Dolmetschen erstrebt, wodurch Dolmetschen als eine Darstellungsweise der sozialen Kultur sich in einem disziplinübergreifenden Kontext beleuchten lässt.

 

Kurzbiografie

Li Jingru studierte Dolmetschen mit den Arbeitssprachen (CH-DE-EN) an der Sichuan International Studies University. Während ihres Masters besuchte sie mit einem DAAD-Stipendium den ISG-Sommerkurs „Übersetzen/ Einführung ins Dolmetschen“ 2017 am FTSK in Germersheim und gewann den zweiten Preis im „AEON Cup“, dem 10. mehrsprachigen nationalen Interpretationswettbewerb Chinas. Seit 2018 ist sie im Dolmetschen (Chinesisch-Deutsch) freiberuflich tätig. Ihre Masterarbeit handelt von Antizipation und Segmentierung beim Simultandolmetschen. Seit April 2019 ist sie Kollegiatin der a.r.t.e.s Graduate School for the Humanities Cologne mit dem Promotionsprojekt im Schwerpunkt Kommunikative Kompetenz und Dolmetschen, betreut von Prof. Dr. Stefan Kramer (Universität zu Köln).

Kontakt: jli25(at)smail.uni-koeln.de

 

Titelbild: Handshake (gemeinfrei, pixabay.com) // Portraitfoto: Patric Fouad

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