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Dissertationsprojekt von Julius Herr

Komplexes legendarisches Erzählen. Narrativierung von Heiligkeit im Sente Servas, Heiligen Georg und Eraclius (Arbeitstitel)

Mein Dissertationsprojekt geht der Narrativierung von Heiligkeit in drei volkssprachigen, legendarischen Traditionssträngen nach. Im Zentrum stehen mit Heinrichs von Veldekes Sente Servas, mit Reinbots von Durne Heiligem Georg und mit Ottes Eraclius Texte, die fernab einer eindeutigen Dichotomie von Geistlichem und Höfischem episierend und mit unverkennbarem rhetorischem Ornat vom Heiligen erzählen. Es geht um die Frage, wie jene literarischen Modi und Strategien, die sich nach klassischer Rhetorik der dilatatio und amplificatio zuordnen lassen, zur Vermittlung des gemeinhin als prekär erachteten Erzählgegenstand der Heiligkeit beitragen. Es wird vorgeschlagen, die spezifischen Erzählverfahren solcher episierender Langlegenden unter dem Index der Komplexität zusammenzufassen, um der unterschwellig nach wie vor einflussreichen Vorstellung der Legende als ‚einfacher Form‘ entgegenzuwirken.

Mit dieser formalen Differenzierung geht eine neue Perspektive auf vorrangige Bestimmungen von Heiligkeit in der germanistisch-mediävistischen Debatte einher. In Anlehnung an das 2015 gegründete DFG-Netzwerk zum ‚Legendarischen Erzählen im Mit-telalter‘ wird statt einer Absolutsetzung von Heiligkeit als unverfügbarer Transzendenz von einer Vielfalt an Darstellungs- und Vermittlungsformen des Heiligen ausgegangen. Das Projekt hat es zum Ziel, die Forschungsdiskussion durch einen exemplarischen Blick auf episierende Langlegenden zu ergänzen, auf Texte also, die der etwaigen Prekarität des Erzählgegenstandes mit ‚komplexen‘ narrativen Strukturen zu begegnen versuchen. Es wird angenommen, dass anstelle von realpräsentischen und nicht-diskursiven Inszenierungen die Narration selbst – die Verknüpfungen und das Prozessieren in Syntagma und Paradigma – zur Vermittlung der Heiligkeit beiträgt.

Um die narrativen Strategien der gewählten Textbeispiele adäquat zu beschreiben, wird der Blick auf weitere deutschsprachige und lateinische Fassungen der jeweiligen Legenden gerichtet. Vergleiche zu Versionen aus zeitgenössischen Legendaren sollen divergente Darstellungsformen von Heiligkeit in systematischer wie historischer Sicht herausstellen. Auf diese Weise mögen die literarischen Verfahren der dilatatio und amplificatio, derer sich die Langlegenden bedienen, offen zutage treten sowie eine aus dieser Komplexitätssteigerung resultierende Verschiebung der textimmanenten Heiligenkonstitution nachgewiesen werden.

 

Kurzbiografie

Julius Herr studierte im Bachelor Germanistik und Geschichte sowie im Master Deutsche Literatur an der Goethe Universität Frankfurt. Seine Abschlussarbeiten verfasste er jeweils im Bereich der mediävistischen Literaturwissenschaft. Die von Professor Michael Waltenberger betreute Bachelorarbeit lautete: „Frou Âventiure im ‚Parzival‘ Wolframs von Eschenbach. Zu Bedeutung, Funktion und Status einer Personifkationsallegorie“. Die 2018 mit Auszeichnung abgeschlossene und von Professorin Christina Lechtermann betreute Masterarbeit hatte zum Titel: „Legendarisches Erzählen in komplexer Form am Beispiel des ‚Barlaam und Josaphat‘ Rudolfs von Ems.“ Neben studentischen Hilfskrafttätigkeiten am Lehrstuhl für Ältere deutsche Literaturwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt leistete Julius Herr ein Praktikum beim Goethe-Institut Thailand und einen einjährigen kulturweit-Freiwilligendienst beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Bangkok, Thailand. Außerdem arbeitet er als Wissenschaftliche Hilfskraft für das International Office der Goethe Universität Frankfurt. Seit April 2019 wird sein von Prof. Udo Friedrich betreutes Promotionsprojekt von der a.r.t.e.s. Graduate School gefördert.

 

Vorträge

„Loreley und Mae Sammuk – Zwei Geisterfrauen auf ihren Felsen“, 01.02.2017, Vortrag an der Deutschabteilung der Chulalongkorn Universität, Bangkok.

 

Titelbild: Heraclius mit dem Heiligen Kreuz vor den Toren Jerusalems, © British Library Board, Royal 15 E I, f. 16 (mit Genehmigung der British Library: https://www.bl.uk/catalogues/illuminatedmanuscripts/ILLUMIN.ASP?Size=mid&IllID=47174) // Portraitfoto: Patric Fouad

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