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Dissertationsprojekt von Sabina Stacenko

Ivan Šiškin – der Roggen, 1878, Google Art Project.

Georgica slavica: Das Wissen vom Landbau in der russischen Literatur (Arbeitstitel)

„Das Glück besteht darin, im Einklang mit der Natur zu leben,“ sagt die Philosophie. Aus der Sicht eines Philosophen lebt der Philosoph im Einklang mit der Natur, für den Dichter ist es der Bauer.
Michail Gasparov

Die europäische Literatur trägt ein praktisches Wissen über den Landbau in sich. Die Formen und Kodie­rungen dieses Wissens, das in der antiken Literatur im Genre der Georgica beheimatet ist, werden mit jeder Epoche viel­fälti­ger. Es ist für jede Kultur einzigartig und bringt individuelle Traditionen hervor. Die Hypothese meiner Arbeit ist, dass sich aus diesem Wissen ein, den euro­päischen Kulturen impliziertes, ökologisches Bewusst­sein avant la lettre rekon­struieren lässt. Die slavischen Kulturen waren durch ihre historische und gesell­schaftliche Entwicklung stärker und länger agrarisch geprägt als Westeuropa. Das Wissen vom Landbau ist deshalb vielleicht noch tiefer in der Kultur ver­wurzelt. Indem ich es sammle und offenlege, hoffe ich, den Nachweis zu führen, dass das ökologische Bewusstsein historisch zwei Dimensionen hat – eine synchrone, kosmopolitische, die sich von Westen nach Osten ausweitet und eine kulturspezifische, die ich in einem diachronen Zugang zur russischen Literatur erschließen möchte.

Die Untersuchung teilt sich in vier Schritte, in denen die ausgewählten literarischen Texte auf den Einfluss der religiösen Quellen, der Volksliteratur, der antiken Landbaudichtung und agrarwissen­schaft­licher Traktate geprüft werden.  Die ersten Analysen zeigen, dass durch die spezifische Fragestellung neben Klassikern auch seltene agrar­wissen­schaftliche Zeitschriften (z. B. von dem Agronomen Andrej Bolotov und dem Forstwirt Franz Majer) und weniger bekannte Schriftsteller wie Aleksandr Ėrtel’ und Spiridon Drožžin in den Vordergrund treten. Die geistesgeschichtliche Untersuchung des in der Literatur tradierten ökologischen Bewusstseins führt somit auch zu einer Wiederentdeckung vergessener Autoren und zur Aufdeckung noch nicht erforschter literarischer Verbindungen.

 

Biografie:

Sabina Stacenko studierte „Regionalstudien Ost- und Mitteleuropa mit Ostrecht“ an der Universität zu Köln. Für ihre Bachelorarbeit «Contes de feés» und „Contes de feu […]»: Das Genre des Märchens und A. S. Puškins „Erzählungen des verstorbenen I. P. Belkin“ wurde sie mit dem Dmitrij-Tschižewskij-Preis für Arbeiten zur slavischen Kultur- und Geistesgeschichte ausgezeichnet. Im Rahmen des Doppelmasters „Cultural and Intellectual History between East and West” studierte sie in Köln und Moskau. Seit 2018 ist sie am Slavischen Institut der Universität zu Köln als wissenschaftliche Hilfskraft tätig und wirkt neben der Betreuung von Studierenden des Instituts bei der Organisation wissenschaftlicher Konferenzen mit. Sabina engagiert sich für die Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft in Osteuropa, indem sie russische Landwirtschaftsstudierende im Rahmen des Austauschprogramms des Vereins APOLLO e. V. betreut. Seit April 2020 ist sie Kollegiatin der a.r.t.e.s. Graduate School.

 

Kontakt: sstacenk[at]smail.uni-koeln.de

 

Vorträge:

„Von der Theologie zu der Poesie: A. S. Puškin und umilenie“

27.04.2019: Konferenz “Junge Sla­vistik im Dialog” an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

 

Lehrveranstaltungen:

Sommersemester 2021

Hauptseminar: Der Landbau in der russischen Literatur (zusammen mit Herrn Prof. Dr. Jörg Schulte), Universität zu Köln

Sommersemester 2017

Tutorium zum Proseminar in slavischer Literaturwissenschaft, Universität zu Köln