zum Inhalt springen

Dissertationsprojekt von Byron Schirbock

Die deutsche Okkupation Frankreichs 1940–1944. Herrschaft – Alltag – soziale Praxis (Arbeitstitel)

Das Dissertationsprojekt möchte mittels eines alltagsgeschichtlichen Zugriffs die deutsche Besatzung Frankreichs zwischen 1940 und 1944 untersuchen. Abseits gängiger Schemata von Kollaboration und Widerstand stehen dabei konkret die Umgangspraktiken zwischen den militärischen Besatzern und der französischen Zivilbevölkerung im Fokus. Besatzung selbst wird dabei nicht als statischer Zustand, sondern vielmehr als dynamischer sozialer Prozess verstanden, bei dem das Aufeinandertreffen der Akteure zwar grundsätzlich auf der Asymmetrie infolge der Besatzungssituation beruhte, dem aber im Einzelnen situationsbezogene Aushandlungsprozesse vorausgingen, die räumlich, zeitlich, strukturell und intentional bestimmt waren. Dabei spielen direkte Begegnungen und Sprechakte ebenso eine Rolle wie indirekte Kommunikation durch nonverbales Verhalten und Codes. In Fallstudien werden verschiedene Regionen bzw. Orte, die den jeweils unterschiedlichen Besatzungskonstellationen Rechnung tragen, miteinander verglichen werden, da grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass Zusammenleben lokal sehr unterschiedlich ausgestaltet wurde. Ziel soll es sein, die alltäglichen Bewältigungsstrategien für die Begegnung mit dem Anderen bzw. Fremden herauszuarbeiten und daran anknüpfend die Frage zu beantworten, inwieweit Kontrollmechanismen und Propaganda von NS-Staat und Wehrmacht bzw. auch dem État français gegriffen haben und wo sie scheiterten. Der Blick hinter die Narrative erlaubt die Nuancen und Schattierungen des Zusammenlebens offenzulegen und nach der Stabilität von Besatzungsherrschaft zu fragen.

 

Kurzbiographie

Byron Schirbock, Jahrgang 1987, studierte Geschichte und Soziologie an den Universitäten Trier und Paris VII. Den Magister Artium erwarb er 2012 mit einer Arbeit zum Thema "General Dietrich von Choltitz und die ausgesetzte Zerstörung von Paris im August 1944". In Trier war er langjährig studentische und später wissenschaftliche Hilfskraft im Sonderforschungsbereich 600 "Armut und Fremdheit" (Teilprojekt B5: Armut im ländlichen Raum, Leitung: Prof. Dr. Lutz Raphael). Daneben hat er Praktika beim Deutschen Historischen Institut Paris und dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln absolviert, Auftragsrecherchen in französischen Archiven übernommen, wirkte an der Realisierung einer Ausstellung mit und war fachlicher Berater für die Filmproduktion DIPLOMATIE (Regie: Volker Schlöndorff, 2014). Seit April 2014 ist er Stipendiat der a.r.t.e.s. Graduiertenschule. Sein Dissertationsvorhaben wird von Prof. Dr. Ralph Jessen (Universität zu Köln), Prof. Dr. Clemens Kroneberg (Universität zu Köln) und Prof. Dr. Johann Chapoutot (Université de Paris III – Sorbonne Nouvelle) im Cotutela-Verfahren betreut. Das Projekt ist der Klasse 5, Institutions and Practices in Historical Perspective, zugeordnet.

Kontakt: b.schirbock(at)uni-koeln.de

 

Vorträge

"The German Occupation of France 1940–1944: Everyday Life, Encounters, and Mutual Perceptions"
17. Januar 2015: Vortrag im Rahmen des Workshops "Foreign Rule in Western Europe: Towards a Comparative History of Military Occupations, 1940–1949", Historisches Institut, Universität zu Köln

 

Titelbild: "Deutsche Soldaten am Souvenirstand" (Nutzungslizenz: CC-BY-SA-3.0-DE, Fotograf: "Titz", Soldat der Propandakompanie PK 637) // Portraitfoto: Patric Fouad