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Forschung und Vernetzung zwischen Aktenbergen

Meine a.r.t.e.s. EUmanities-Mobilitätsphase in Österreich

von Lisbeth Matzer

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Aktenberge im Arhiv Republike Slovenije, Ljubljana, Sector for the protection of World War II records (Foto: Lisbeth Matzer)

Mein Forschungsprojekt zu NS-Jugendorganisationen im ‚Grenzland‘ – Österreich und Slowenien – verlangt während meiner dreijährigen Förderdauer im a.r.t.e.s. EUmanities-Programm und der damit verbundenen zwölfmonatigen Mobilitätsphase neben dem Aufenthalt an einer nicht-deutschen Hochschule auch eine erhöhte Reisetätigkeit während dieses Zeitraums innerhalb (und in Teilen auch außerhalb) des gewählten primären Ziellandes. Forschen und Vernetzen sind dabei die zwei Schlagwörter, die nicht nur diesen Beitrag betiteln, sondern auch das bisher Erlebte zusammenfassen. Ich möchte in diesem Text die Gelegenheit nutzen und von meinen bisherigen Erfahrungen mit einem sehr ‚archiv-lastigen‘, historischen Forschungsprojekt zu berichten.

Forschen vs. Organisieren? – Herausforderungen meiner Mobilitätsphase

Im Frühjahr 2017 startete ich mit meinen acht Kolleginnen und Kollegen als ‚First Generation‘ ins a.r.t.e.s. EUmanities-Programm. Als eine der ersten trat ich die vorgesehene Mobilitätsphase schon im September 2017 an – Zielland war Österreich, die gewählte Hochschule die Karl-Franzens-Universität Graz. Diese zeitweilige Home Base sollte mir mit der lokalen Anbindung an den Fachbereich Zeitgeschichte der Universität als Ausgangspunkt für meine fast wöchentlichen Archivaufenthalte und -recherchen in Österreich und Slowenien dienen. In den wenigen Monaten, die seitdem vergangen sind, habe ich bereits achtzehn Archive und Sammlungen besucht und bearbeitet, wovon ein paar wenige in der Erhebung noch nicht abgeschlossen sind. Zusätzlich stehen noch acht weitere auf meiner Liste, die bis zum Ende dieses ersten Forschungsaufenthalts besucht und bearbeitet werden sollen.

Während die Archive in Graz, Maribor, Klagenfurt und Wien aufgrund der räumlichen Nähe auch an einzelnen Tagen besucht werden können, verlangen zum Beispiel jene in Ljubljana oder Innsbruck mehrere Tage Aufenthalt und Reiseplanung, bei der An- und Abreise mit günstigsten Übernachtungsmöglichkeiten, Archivöffnungszeiten und Treffen mit an den jeweiligen Orten wohnhaften Forschenden in optimaler Weise kombiniert werden sollten. Für mich ist und war diese Art der Planung immer sehr zeitintensiv und mühsam, am liebsten würde ich mich davor drücken und einfach ‚nur‘ ins Material eintauchen. Das eine ist aber ohne das andere nur schwer möglich und während jedem Aufenthalt merke ich aufs Neue, wie sehr es sich doch bezahlt macht.

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Lust und Frust im Forschungsalltag

Jede Person, die bereits historisch geforscht hat, kennt den Frust, der sich aufbaut, wenn sich Auskünfte à la „wegen Pilzbefall nicht benutzbar“, „in den 1960er Jahren ausgeschieden“ oder auch die simplen „nicht vorhanden“ und „gibt es nicht“ häufen. Dass dies der Fall sein würde, wusste ich zum Glück schon im Vorfeld; trotzdem wünschte ich mir an manchen Tagen einen einzigen geschlossenen Korpus und verfluchte meine Themenwahl mehrfach. Die Lust am Forschen – beziehungsweise vielleicht auch mein Ehrgeiz, trotzdem viel zu finden –, trieb und treibt mich aber weiter an, und führte schon zu großartigen Heureka-Momenten. Da ich ja aber will, dass ihr alle meine Dissertation freudig erwartet, verrate ich an dieser Stelle nicht, wo sich diese Goldgruben versteckten.

Stattdessen möchte ich noch etwas aus dem Nähkästchen plaudern. In manchen Momenten fühlte ich mich unausweichlich abhängig von der Auskunftslust oder Auskunftsfähigkeit einzelner Archivarinnen und Archivare, was oben erwähnten Frust zeitweise verstärkte. Dies blieben aber Ausnahme-Momente: Ich hatte meistens Glück und konnte von großer Hilfsbereitschaft profitieren. Auch verweisen mich Archivarinnen und Archivare oder Sammlungsbetreuerinnen und -betreuer immer wieder auf andere Personen oder Werke, die für meine Dissertation theoretisch oder quellentechnisch relevant sein könnten. Im besten Fall stellen sie auch den Kontakt her. Das kann via E-Mail erfolgen oder, wie in Innsbruck, durch den Kommentar eines Archivmitarbeiters: „Die Frau da hinten schaut sich denselben Bestand an wie Sie“. Erste Reaktion darauf war in einer leider doch konkurrenzbasierten Wissenschaftslandschaft: Panik! Die Panik wich dann in der gemeinsamen Pause aber der Freude, weil man erstens doch nie ganz dasselbe bearbeitet und sich zweitens gegenseitig Hinweise geben und über das bereits Gefundene austauschen kann.

Dieser Austausch ist es auch, der neben den Archivfunden meine Arbeit inhaltlich und konzeptionell vorantreibt. Dadurch, dass ich viel herumkomme, ist auch der Radius größer, innerhalb dessen ich mich mit Personen, die bereits ähnliche Fragestellungen behandelten oder behandeln, treffen kann. Und nichts rundet einen anstrengenden Tag im Archiv besser ab als ein entspanntes Gespräch, auch über den eigentlichen Gegenstand hinaus. Und nichts gibt so viel Motivation, wie ein ebenso begeistertes Gegenüber, der oder die entweder schon vor ähnlichen Problemen stand oder für ebendiese eine (Teil-)Lösung parat hat. Alles in allem überwiegt nach wie vor die Lust am Suchen und Forschen genauso wie am Vernetzen und Austauschen, und ich bin gespannt, auf wen und was sich meine Aufmerksamkeit in dieser Mobilitätsphase noch richten wird!