skip to content

Dissertationsprojekt von Martina Filosa

Die Wirtschaft- und Finanzverwaltung kirchlicher Institutionen im byzantinischen Reich im Spiegel byzantinischer Bleisiegel (Arbeitstitel)

Bei dem vorliegenden Promotionsprojekt geht es um die erste systematische und umfassende Untersuchung der Wirtschafts- und Finanzverwaltung kirchlicher Institutionen, vor allem von Klöstern und Kirchen, im byzantinischen Reich anhand von Bleisiegeln. Die bisherige Forschung basiert einerseits auf literarischen Quellen, andererseits auf dokumentarischen Zeugnissen, unter denen die Klosterakten die bisher bedeutendste Rolle spielen. Noch nicht berücksichtigtes Potential bieten die Bleisiegel, deren fast völlige Vernachlässigung in der Forschung ein Defizit darstellt. Im Gegensatz zu den anderen Quellengattungen bieten Bleisiegel ein fast unerschöpfliches Reservoir an Informationen, da nicht nur die bisher gefundenen Siegel kaum systematisch aufgearbeitet sind, sondern durch zukünftige Ausgrabungen weitere Materialfunde zu erwarten sind. Neben dieser quantitativen Dimension besteht ein weiterer Vorteil dieser Quellengattung in qualitativer Hinsicht darin, dass es sich bei Bleisiegeln in der Regel um Unikate handelt, die jedes für sich Erkenntnisse über prosopographische, verwaltungs- sowie wirtschaftsgeschichtliche Zusammenhänge liefern.

Den Kern des Forschungsprojektes bildet eine Reihe vielschichtiger Fragestellungen, die zum Ziel haben, die Rolle der kirchlichen Institutionen ebenso als komplexe ökonomische Akteure in der Wirtschafts- und Sozialstruktur des byzantinischen Reiches näher zu erforschen. Schwerpunktmäßig gilt es zu erforschen, in welchem Umfang Ämter mit ausgeprägten wirtschaftlichen Eigenschaften im kirchlichen Bereich belegt sind; inwiefern die wirtschaftlichen Ämter kumulierbar sind, und welche Kombinationen in unterschiedlichen chronologischen und geographischen Zusammenhängen festzustellen sind5; in welchem Umfang ursprüngliche Finanzverwaltungsposten im Laufe der Jahrhunderte ihre Funktion verloren haben oder vice versa ursprüngliche rein kirchliche Ämter sich dann zu Finanzämtern entwickelt haben; in welchem Rahmen Ämter vererbt werden konnten; inwieweit auch Laien wirtschaftliche Ämter im kirchlichen Bereich bekleiden konnten. Außerdem gilt es auch statistisch zu erfassen, wie viele Bleisiegel für jede Institution bzw. für jeden Amtsträger für den aktuellen Forschungstand belegt sind, und inwiefern sich von der Belegmenge her eine eindeutige Tendenz konstatieren lässt; ob sich Handelsnetzwerke innerhalb der Klöster bzw. zwischen den Klöstern und dem Hinterland feststellen lassen.

Das Forschungsprojekt wird sich primär auf die Siegel der beiden größten Sammlungen, Dumbarton Oaks Research Library and Collection und Ermitage, stützen. Auf diese Weise wird nicht nur ein Großteil der vorhandenen Siegel erfasst, sondern auch dem praktischen Gesichtspunkt der Zugänglichkeit Rechnung getragen: während die publizierten Siegel, auf denen der Fokus liegt, in Editionen von höchstem Standard vorliegen, lassen sich die unpublizierten aufgrund von Katalogkarten vor Ort leicht erschließen. Ein weiterer methodischer Schwerpunkt wird der Vergleich mit den übrigen relevanten Quellen sein. Dies sind hauptsächlich Klosterakten, die sogenannten κτητορικὰ τυπικὰ und die βρέβια. Im ersten Quellentyp sind nämlich häufig Urkunden enthalten, die An- oder Verkaufstransaktionen seitens der Mönche bezeugen. Die κτητορικὰ τυπικά (auch als Stiftungsurkunden bekannt) sind von den Gründern eines Klosters verfasste Urkunden, und beinhalten Regeln, die ausschließlich für das jeweilige Kloster gelten. Üblicherweise sind sie von einer weiteren Urkunde, dem βρέβιον, begleitet, die eine Art Anhang zu der Stiftungsurkunde darstellt, zusammen mit einer Auflistung aller Eigentümer des jeweiligen Klosters (u.a. Grundstücke, Wertgegenstände, liturgische Gewänder).

 

Kurzbiografie

Martina Filosa, geboren 1993, studierte klassische Philologie an der Universität Bari „Aldo Moro“. Februar 2015 schloss sie ihr Bachelorstudium unter der Betreuung von Dr. Nunzio Bianchi mit der Arbeit Porphyrius, Vita Plotini. Kompositionsverfahren und Publikationsweisen einer philosophischen Schrift ab. April 2015 erhielt sie ein DAAD-Stipendium, um ihr Masterstudium an der Universität zu Köln zu absolvieren, und zwar in den Fächern Byzantinistik sowie Papyrologie, Epigraphik und Numismatik der Antike. Betreut von Prof. Dr. Claudia Sode schloss sie August 2017 ihr Masterstudium mit der Arbeit Die Psalmenkatene in der Handschrift Fol 528 der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar: Edition und Kommentar. Seit Oktober 2017 promoviert sie im Fach Byzantinistik an der Universität zu Köln im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs 1878 „Archäologie vormoderner Wirtschaftsräume“ (Köln/Bonn) mit dem Projekt Die Wirtschaft- und Finanzverwaltung kirchlicher Institutionen im byzantinischen Reich im Spiegel byzantinischer Bleisiegel, unter der Betreuung von Prof. Dr. Claudia Sode und Prof. Dr. Sabine Schrenk (Bonn). Seit dem Sommersemester 2018 ist sie zusätzlich Kollegiatin bei a.r.t.e.s.

Kontakt: martina.filosa(at)uni-koeln.de

 

Vorträge

„Some remarks on new Hexaplaric readings from a fragmentary catena to the Psalter (Fol 528, Herzogin Anna Amalia Library in Weimar)“, 19.–24. August 2019, XVIII. International Conference on Patristic Studies, Oxford (bevorstehend).

„The contribution of byzantine lead seals to the prosopography of economic agents in ecclesiastical institutions”, 29. Mai 2019, 12th International Symposium of Byzantine Sigillography, Hermitage Museum, Sankt Petersburg (bevorstehend).

„From the Lead to the Net: Digital Approaches to Byzantine Sigillography”, 25./26. Oktober 2018, University of Sofia, St. Kliment Ochridski.

„Der Beitrag byzantinischer Bleisiegel zur Proposopgraphie der ökonomischen Akteure in kirchlichen Einrichtungen. Erste Ergebnisse“, 10. Juli 2018, Kolloquium für Doktoranden und fortgeschrittene Masterstudenten der Universitäten Köln, Mainz und Münster, Byzantinisches Seminar, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz .

„The economic administration of byzantine ecclesiastical institutions: new light coming from lead seals“, 7.–9. Mai 2018, The Sphinx of Slav Sigillography – International Workshop, Emeryk Hutten-Czapski Museum – Krakau.

„Die Wirtschaftsverwaltung kirchlicher Institutionen in Byzanz: Der Beitrag der Bleisiegel“, 4. Mai 2018, Kolloquium des GRK-1878, Archäologisches Institut, Universität zu Köln.

„Die Wirtschaft- und Finanzverwaltung kirchlicher Institutionen im byzantinischen Reich im Spiegel byzantinischer Bleisiegel“, 18. April 2018, Kolloquium Ausgewählte Probleme der Byzantinistik, Abteilung Byzantinistik und Neugriechische Philologie, Universität zu Köln.

 

Tagungs- und Seminarorganisation

Optanda erat oblivio: Selection and Loss in Ancient and Medieval Literature (Keynote Speaker: Prof. Dr. Tiziano Dorandi, Centre National de la Recherche Scientifique, Paris) Università degli Studi di Bari - Aldo Moro, 20.–21.12.2018 (bevorstehend).

Something Old, Something New: The Reception of Classics in Modern and Contemporary Songwriting (Keynote Speaker: Prof. Dr. Dimitris Aggelatos, National and Kapodistrian University of Athens) National and Kapodistrian University of Athens, 14.09.2018.

The Old Lie: Classics and the Great War (Keynote Speaker: Prof. Dr. Marco Mondini, Università degli Studi di Padova), Alma Mater Studiorum - Università degli Studi di Bologna, 21.03.2018.

 

Lehrveranstaltungen

Sommer 2018: EpiDoc & EFES training workshop – Institute of Classical Studies, University of London.

 

Titelbild: Das Siegel des Johannes Chrysoberges (S-80 Sammlung Robert Feind). Credit: Sammlung Robert Feind // Portraitfoto: Patric Fouad