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Dissertationsprojekt von Nicolas Gaspers

I’m (Not) a Comic Book Villain – Eine Theorie der Superschurkenfigur (Arbeitstitel)

Joker, Poison Ivy, Harley Quinn, Lex Luthor, Green Goblin, Dr. Doom… – die Liste charismatischer Superschurken*innen ist lang. Was wären schließlich Batman, Superman und Co. ohne ihre eindrucksvollen Gegner, die sie in immer neuer Weise herausfordern? Erst ihre Existenz macht Superheldencomics so spannend, denn es sind die übermächtigen Bösewichte, die der Heldenfigur alles abverlangen und sie zum Handeln antreiben. Superschurken*innen sind damit ein prägender und konstituierender Bestandteil der gesamten Superhelden-Erzählform, deren zahllose Geschichten sich ohne ihre ständige Einmischung in die etablierte Ordnung gar nicht denken ließen. Trotz dieser tragenden Rolle interessiert sich die noch junge Superheldenforschung kaum für sie. In der Folge ist unser Verständnis der antithetischen supervillains noch immer lückenhaft, denn sie zu definieren, zu verstehen und zu erklären ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheint. Eine Herausforderung ist dabei ihre extreme Heterogenität. Sie alle haben unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten, Körper und Erscheinungen, Ziele und Motive, die oft nur schwer von denen der Superhelden*innen zu trennen sind. So zielen u.a. auch Figuren wie Thanos, Ra’s al Ghul oder Poison Ivy mit ihren Taten, ebenso wie Superhelden*innen, auf die Etablierung einer besseren Weltordnung. Manche dieser Schurken*innen passieren sogar regelmäßig die schmale Linie zwischen Gut und Böse, Protagonist*in und Antagonist*in, Held*in und Schurke*in.

Was also sind die Faktoren, die unser Verständnis dieser Kategorien prägen? (Un)Moralische Grundorientierung ist, obwohl prominentestes Kriterium, vor diesem Hintergrund längst kein hinreichendes Merkmal mehr, geht es doch vielen Superheldencomics genau um die Frage, was eigentlich die richtige Moral, was die wünschenswerte Ordnung ist und mit welchen Mitteln sie aufrechterhalten werden kann und darf. Stufenlose Grauzonen haben es zunehmend schwerer gemacht, von einem klaren und unanfechtbaren Gegensatz auszugehen. Trotzdem werden die Kategorien ‚Superheld*in‘ und ‚Superschurke*in‘ auch in der Forschung noch immer weitgehend als unveränderlich, essentialistisch und selbsterklärend wahrgenommen sowie beide Begriffe meist unreflektiert verwendet. Die Kriterien scheinen intuitiv klar, auch wenn sie nicht genauer bestimmt, nicht weiter hinterfragt wurden und werden.

Das Promotionsprojekt interessiert sich genau für diese vielschichtige Problematik. Auf der Basis eines genrerepräsentativen Korpus’ soll daher eine breit anschlussfähige Theorie zur Superschurkenfigur entwickelt werden, die systematisch die Fragen beantwortet,

  1. welche semantischen Merkmale und Eigenschaften Superschurken als Figuren(gruppe) auszeichnen
  2. welche erzählerischen Mittel und Strategien zur Inszenierung der Figuren als übermächtige Bösewichte genutzt werden und welche Aufgaben die Figuren innerhalb der Superheldenerzählung erfüllen und
  3. wie Superschurken und genretypische Diskurse sich wechselseitig beeinflussen und prägen.

Da die Figuren in den vielen Jahrzehnten ihrer Existenz – wie das Genre insgesamt – zudem eine signifikante historische Entwicklung durchlaufen haben, muss das Projekt vor allem diese berücksichtigen und abbilden.

 

Kurzbiographie
Nicolas Gaspers studierte Germanistik und Geschichte an der RWTH-Aachen, der Universität Bern (Schweiz) und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo er an den Instituten für Neue Deutsche Literatur, Ältere Deutsche Literatur und dem Dekanat der Philosophischen Fakultät tätig war. Seine Masterarbeit zu den Liedern und Liedtexten von Rammstein wurde mit dem Carl-Wambach-Preis ausgezeichnet. Als Kollegiat der a.r.t.e.s. Graduate School promoviert er in der Theater- und Medienwissenschaft an der Universität zu Köln unter der Erstbetreuung von Prof. Dr. Stephan Packard. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Gegenständen und Theorien der Popkultur des 20. und 21. Jahrhunderts und umfassen vor allem Comicforschung (insbesondere Superheldencomics und ihre Adaptionen), Liedforschung (insbesondere deutschsprachiger Rock/Metal) sowie Figuren- und Genretheorie.

Kontakt: nicolas.gaspers(at)uni-duesseldorf.de


Publikationen
„The Supervillain-Genre: A Plea for A New Paradigm of Superhero Studies”, in: Caeners, Torsten / Graydon, Danny: The Superhero Project IV. Routledge: London 2022. (= Super Cultures II) [Erscheint]

„Religiöse Helden. Glaube, Religion und Moralität in der superheroischen Popkultur“. Hg. v. Nicolas Gaspers, Torsten Caeners und Matthias Keidel. Transcript: Bielefeld 2022. [Erscheint]

„Invertierte Inkarnation. Dr. Manhattan zwischen Menschlichkeit und Göttlichkeit“, in: Gaspers, Nicolas / Caeners, Torsten / Keidel, Matthias: Religiöse Helden. Glaube, Religion und Moralität in der superheroischen Popkultur. Transcript: Bielefeld 2022. [Erscheint]

„Death and Gardening in Superherocomics. Perspectives on Poison Ivy“, in: Planka, Sabine/Cubukcu, Feryal (Hgg.): Song of Death in Paradise. Death and Garden Narratives in Literature, Art and Film. Lexington: Lanham, Md. 2020, S. 173-186.

„Du bist, was du isst. Der kannibalistische Tötungsfall von Rotenburg als Vorlage für Rammsteins Mein Teil“, In: Vögele, Jörg et al. (Hgg.): Dancing with Mr. D. Tod in Popmusik und Kunst. Wienand: Köln 2019, S. 213-219.

„Captain Berlin rettet die Welt! Berlin als Konzept in den deutschen Superheldencomics Jörg Buttgereits“, In: Planka, Sabine (Hg.): Berlin. Bilder einer Metropole in erzählenden Medien für Kinder und Jugendliche. Würzburg: Königshausen & Neumann 2018, S. 373–398.

„Mit Täterätätä und Rumtata! Das dialektische Paradoxon ‚Krieg und Kultur‘ im Spiel der Extreme von Ernst, Komik und Kunst in Knorkators Heimatliedparodie ‚Blasmusik‘“, in: Doms, Misia S./Klüsener, Beate/ Nate, Richard (Hgg.): Nichts als Krieg und Streit? Krieg und Frieden im Lied. Würzburg: Königshausen & Neumann 2018, S. 311–316.

Art. „Knorkator: Wir werden alle sterben", in: Fischer, Michael/Hörner, Ferdinand/Jost, Christofer (Hgg.): Songlexikon/Encyclopedia of Songs. Freiburg: Universität Freiburg 2016. [http://www.songlexikon.de/songs/wirwerdenallesterben]

Art. „Michael Ende: Momo", in: Cepl-Kaufmann, Gertrude/Grande, Jasmin (Hgg.): Orte der Utopie. Düsseldorf: Heinrich-Heine-Universität 2015. [http://wikifarm.phil-fak.uni-duesseldorf.de/Orte_der_Utopie/index.php?title=Momo&oldid=41]


Vorträge
„Praktiken der Architektur in sequentiellen Erzählungen“, 07./08.05.2021, Tagung „SeitenArchitekturen. Architektur & Raum im Comic“, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

„The Supervillain-Genre: A Plea for A New Paradigm of Superhero Studies”, 04.-06.09.2020, 4th Global Conference „The Superhero Project”, Mühlheim a.d.R. 2020.

„Frauen in Kühlschränken – Fridging von Frauenfiguren in Superhero-Comicbooks“, 26.06.2019, Neue Wege der Wissenschaftskommunikation „Heinrich – der Slam“, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

„Beware of -- Poison Ivy. Superheldencomics und Gender“, 09.03.2019, 32. Film- und Fernsehwissenschaftliches Kolloquium „Gender und Medien“, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.

„Mit Blasmusik macht’s Spaß im Krieg. Krieg im deutschsprachigen Rock und Metal“, 20.06.2015, Öffentliches Arbeitsgespräch „Krieg und Frieden im Lied – interdisziplinär-internationale Streifzüge“, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.


Tagungen und Veranstaltungen

„SeitenArchitekturen. Architektur & Raum im Comic“, 07./08.05.2021, Interdisziplinäre Tagung von icon in Kooperation mit der AG Comicforschung. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

„Gerechtigkeit ist keine Sünde, Pater. – Moral, Glaube und Religion im Superhelden-Narrativ“, 13./14.03.2021, Forschungskolloquium. Mühlheim a. d. Ruhr.

„Feindbilder“, 14./15.01.2021, Interdisziplinäres a.r.t.e.s.-Forum. Universität zu Köln.

„Superheldinnen – von Captain Marvel bis Wonder Woman“, 13.09.2019, Nacht der Wissenschaft, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.


Lehre

Wintersemester 2020/21

Seminar „Etwas Kultur muss sein – Rammstein zwischen Provokation und Faszination“, Institut für Medienkultur und Theater, Universität zu Köln.

Seminar „Religiöse Motivik in Daredevil, Superman und Ms. Marvel“, Institut für Medien- und Kulturwissenschaft, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Sommersemester 2020

Seminar „Comics lesen – Einführung in die Comicliteratur mit Scott McCloud“, Institut für Medien- und Kulturwissenschaft, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Wintersemester 2019/20

Seminar „Dekonstruktion eines Genres – Watchmen als Metacomic“, Institut für Medien- und Kulturwissenschaft, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Sommersemester 2019

Seminar „Einführung in die (superheroische) Comicliteratur“, Institut für Geschichtswissenschaften, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.


Auszeichnungen

2020: Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes

2020: Promotionsstipendium der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne

2018: Carl-Wambach-Preis für die inhaltlich und sprachlich beste Abschlussarbeit im Fach Germanistik

2016: Studienstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes

2015: Deutschlandstipendium „Chancen nutzen!“ der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

 

Titelbild: „Batman gegen Joker“ (freie Lizenz, Pixabay) // Portraitfoto: Patric Fouad