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Dissertationsprojekt von Svenja Lehnhardt

Die Ausbildung eines bürgerlichen Rollen- und Kostümporträts im Goldenen Zeitalter der Niederlande (Arbeitstitel)

In meinem Dissertationsprojekt möchte ich niederländische Rollen- und Kostümporträts des 17. Jahrhunderts vor einem kulturhistorischen Hintergrund untersuchen und als eigene Ausdrucksform des niederländischen Bürgertums herausarbeiten. Rollenporträts oder portraits historiés erlebten im Goldenen Zeitalter zunächst einen Höhepunkt am Statthalterhof in Den Haag und im Laufe des Jahrhunderts schließlich in den bürgerlichen Zentren der Vereinigten Provinzen. Diese besondere Porträtform zeigt die Auftraggeber in Verkleidung historischer, mythologischer, biblischer, literarischer oder allegorischer Figuren. Kostümporträts folgen keiner bestimmten Rolle, sondern stellen die Porträtierten in einer nicht der zeitgenössischen Mode entsprechenden Kleidung dar.

Da schon der Anstieg der niederländischen Porträtproduktion im 17. Jahrhundert auf das Selbstbewusstsein des wirtschaftlich und politisch erstarkten Bürgertums zurückgeführt wird, soll in meiner Arbeit nach den Auftraggebern und der Funktion der Rollenporträts gefragt werden. Ich gehe der These nach, dass die Wahl des höfischen Porträttypus der Demonstration des neuen Bürgerstolzes diente. So wurden in bürgerlichen Rollenporträts etwa Motive der höfischen portraits historiés übernommen und in ihrer Darstellungsweise dem bürgerlichen Status angepasst. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass neue Motive aufgegriffen, miteinander kombiniert oder erweitert wurden. Auch das Verhältnis zwischen Porträthaftigkeit und Historiendarstellung scheint sich verändert zu haben, sodass das Motiv wie Beiwerk wirkt. Ich möchte untersuchen, welche Repräsentationsmöglichkeiten bestimmte Motive und Darstellungsweisen boten und verfolge die These, dass bürgerliche Auftraggeber nicht allein höfische Ideale, sondern auch genuin bürgerliche Werte versinnbildlicht sehen wollten. Deshalb soll das Rollen- und Kostümporträt in seiner Beziehung zum soziokulturellen Klima des Goldenen Zeitalters betrachtet werden. Damit will ich seine Bedeutung als Untergattung der niederländischen Porträtmalerei und als Facette der Bürgerkultur neu herausstellen.

 

Kurzbiographie

Svenja Lehnhardt studierte 2008 bis 2014 an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Universität Basel Kunstgeschichte und Kulturgutsicherung. Ihren M.A. in Kunstgeschichte erwarb sie mit einer Arbeit zu niederländischen Rollenporträts des 17. Jahrhunderts, in der sie exemplarisch das Motiv ‚Venus und Adonis‘ untersuchte. Ihr Dissertationsprojekt knüpft an diese Untersuchung an. Neben dem Studium sammelte sie berufliche Erfahrungen bei Praktika am Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und in kulturhistorischen Sammlungen in Oldenburg und Nürnberg. Seit April 2015 ist sie a.r.t.e.s. Stipendiatin in der Klasse 5 (Institutions and Practices in Historical Perspective) und promoviert unter der Betreuung von Prof. Dr. Stefan Grohé.

Kontakt: sv.lehnhardt(at)web.de

 

Vorträge

„Eine selbstbewusste Darstellung im Rollenporträt. Christus segnet die Kinder holländischer Familien“, 06. Juli 2017, Tagung „Familienbilder II: Heilige und (andere) Menschen“, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München.

 

Lehrveranstaltungen

Wintersemester 2018/19

Seminar: „Das Porträt in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts zwischen Kunsttheorie und kultureller Praxis“, Kunsthistorisches Institut, Universität zu Köln

 

Titelbild: Rollenporträt mit Wigbold Slicher, Elisabeth Spiegel und Antonis Slicher als Venus und Paris mit Amor, 1656, Dordrecht, Dordrechts Museum (Foto: Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie, https://commons.wikimedia.org) // Portraitfoto: Patric Fouad