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Geschlecht und Diversität als Themen in der Comicforschung stärken

Nachbericht zur 13. Jahrestagung der Gesellschaft für Comicforschung (ComFor) 2018 an der Universität zu Köln

von Nina Heindl

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  • Nina Heindl (li.) und Véronique Sina (re.) eröffnen die Tagung (Foto: Philin Zwirner)
  • Der Künstler und Kulturwissenschaftler Philip Crawford spricht in einer Artistic Lecture über sein Werkserie „My Noose Around That Pretty’s Neck“ (Foto: Philin Zwirner)

Zur interdisziplinären Tagung Zwischenräume – Geschlecht, Diversität und Identität im Comic // Spaces Between – Gender, Diversity and Identity in Comics reisten zahlreiche internationale Gäste aus den USA, Dänemark, Schweden, Großbritannien, Niederlande, Frankreich und Polen an, um gemeinsam zu Themenfeldern der Comicforschung in Verbindung mit Intersektionalitätsforschung, der Gender, Queer, Critical Race und Disability Studies zu diskutieren und in Austausch zu treten.

Nach der Begrüßung durch die beiden Organisatorinnen Nina Heindl und Dr. Véronique Sina sowie Begrüßungsworte der Prorektorin für Gleichstellung und Diversität Prof. Dr. Manuela Günter sowie dem 1. Vorsitzenden der Gesellschaft für Comicforschung Prof. Dr. Stephan Packard begann die Tagung mit der Artistic Lecture von Philip Crawford. Dieser beleuchtet in seinen Werken und in theoretischer Auseinandersetzung das Verhältnis von Comicproduktionen und rassistischer sowie sexualisierter Gewalt. Darauf folgten acht englischsprachige Panels zu den Themenspektren Representations of Dis/Ability; Graphic Medicine: Intersections of Comics, Health and Corporeality; Making Comics and Exhibiting their Physicality; (Trans-)Cultural Identities; (De-)Constructing Race and Ethnicity; Superheroes Re-Visited: Intersections of Gender and Genre; Structures of Power and Difference in Superhero Comics; Queering Comics sowie zwei deutschsprachige Panels zum Abschluss der Tagung: Fluide Körper sowie Alternative Comics und Feminismus. Innerhalb dieser Panels wurde anhand von insgesamt 29 Vorträgen ein breites Spektrum der comicspezifischen Verhandlung von Geschlecht, Diversität und Identität behandelt. Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Panels ist in einem Tagungsbericht nachzulesen, der von den Studierenden Stephan Böhm, Yasmin Neuhaus, Michaele Pollich, Jacqueline Rehse, Lukas Respondek und Philin Zwirner erstellt wurde.

Keynotes von Tahneer Oksman und Carolyn Cocca

Gerahmt wurde der thematische Zuschnitt des Programms durch die beiden Keynotes von Dr. Tahneer Oksman (Assistant Professor of Academic Writing am Marymount Manhattan College New York) und Dr. Carolyn Cocca (Professor of Politics, Economics, and Law at the State University of New York, College at Old Westbury). In ihrem Vortrag An Art of Loss untersuchte Tahneer Oksman die visuelle Dynamik, die anhand der Thematisierung von Verlust in verschiedenen Zusammenhängen ausgemacht werden kann. Hierfür analysierte sie drei unterschiedliche Comics (Julie Delporte: Journal, 2013; Ulli Lust: Today is the Last Day of the Rest of Your Life, 2013; Dominique Goblet: Pretending is Lying, 2017) und stellte dabei prägnant heraus, „what comics can teach us about loss and what loss – or what we know of loss – can teach us about comics“.

Carolyn Coccas Keynote-Vortrag am zweiten Tagungsabend hatte den Titel Reproducing Inequality and Representing Diversity: The Politics of Gender in Superhero Comics und führte Überlegungen weiter, die sie in ihrem Buch Superwomen. Gender, Power, and Representation (New York/London: Bloomsbury, 2016) entwickelt hat. In dem höchst unterhaltenden und gleichzeitig sehr gehaltvollen Vortrag stellte Cocca heraus, wie Superheldinnen einerseits in der Comic-Historie unterrepräsentiert und stereotypisiert wurden, andererseits aber auch, welches Potenzial zur Destabilisierung von Normen und Binaritäten in der Darstellung von Superheldinnen stecken kann. Der Vortrag schloss mit dem unterstützenswerten Aufruf, mehr Diversität im Genre des Superheld*innencomics einzufordern und zu entwickeln, denn: „Representation still matters“.

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  • Tahneer Oksman hält ihren Keynote-Vortrag „An Art of Loss“ (Foto: Philin Zwirner)
  • Die Keynote-Speakerin Carolyn Cocca spricht über Stereotype im Superheld*innen-Genre (Foto: Philin Zwirner)

Unerwartet großes Interesse an der Tagung

Ziel der Tagung war es, die in der Comicforschung und im breiteren kulturellen Spektrum noch immer unterrepräsentierten Themen von Geschlechtlichkeit und Diversität zu fokussieren und damit die wissenschaftliche Diskussion zu fördern. Diese Zielsetzung wurde über die Erwartungen der Organisatorinnen hinaus erfüllt: Zehn in Bezug auf das Tagungsthema renommierte Forscher*innen wurden eingeladen, die ihre Teilnahme an der Tagung direkt zugesagt haben. Zudem wurde mit über 60 Einreichungen aus 20 Ländern auf den Call for Papers bereits ein starkes internationales Interesse seitens Comicforscher*innen signalisiert. Das große Interesse setzte sich auch bei den Anmeldungen zur Tagung fort, sodass der Konferenzraum, der 135 Personen fassen kann, durchgängig sehr gut gefüllt war.

Der thematische Fokus der Tagung sollte sich auch in struktureller Hinsicht widerspiegeln, d.h. die Sichtbarkeit weiblicher Wissenschaftler sollte erhöht werden: Aus den Einreichungen und den zehn geladenen Wissenschaftler*innen konnte ein reichhaltiges und internationales Programm zusammengestellt werden, bei dem 72% der mit Vortrag oder Moderation teilnehmenden Tagungsgäste weiblich waren (75% der Vortragenden waren weiblich, 50% der Moderierenden waren weiblich). Die Vortragenden und Moderierenden setzen sich gleichermaßen aus Nachwuchs- und arrivierten Wissenschaftler*innen zusammen. Im Anschluss an die Tagung wird ein englischsprachiger Sammelband erscheinen, der diese Sichtbarkeit noch verstärkt und die Relevanz von Geschlechtskonstruktionen, Normierungsprozessen und deren Aufzeigen in massenmedialen Kontexten am Beispiel von Comics herausstellt.

Neben dem Dank an unsere Vortragenden, die teilweise weite Wege auf sich genommen haben, sowie die weiteren Tagungsgäste, die drei Tage lang mit uns diskutiert haben, möchten wir uns ganz herzlich bei dem gesamten Organisationsteam bedanken: Tatkräftige Unterstützung erfolgte durch Bettina Begner, Jan Harms, Anja Pflugfelder, Alina Valjent, Elea Thieser, Elsa Weiland und Lies Weimer, die studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln sind. Auch Stephan Böhm, Yasmin Neuhaus, Michaele Pollich, Jacqueline Rehse, Lukas Respondek und Philin Zwirner waren als Studierende der Kölner Medienkulturwissenschaft im Rahmen des von Dr. Véronique Sina unterrichteten Medienpraxis-Seminars „Comics & Disability Studies“ Teil des Organisationsteams.

Auch für die großzügige finanzielle Unterstützung möchten wir uns bedanken, und zwar bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Finanzfonds der Universität zu Köln zur Umsetzung des gesetzlichen Gleichstellungsauftrags, der Gleichstellungsbeauftragten der Philosophischen Fakultät, der MedienStiftung Kultur und dem Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln. Ein großer Dank gilt außerdem der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne für deren großartige ideelle und finanzielle Unterstützung, zweites speziell im Rahmen des Förderprogramms a.r.t.e.s. international – for all, das vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Durch diese Mittel war es uns möglich, internationalen Doktorand*innen, die sich auf unseren Call for Papers beworben haben und für das Tagungsprogramm ausgewählt wurden, die Teilnahme an der Tagung zu ermöglichen und sie bezüglich der Reise- und Hotelkosten zu unterstützen.