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Ins Feld, ins Museum oder an die Uni?

a.r.t.e.s.-Alumnus Marcel Danner forscht in der Klassischen Archäologie

von Thea Fiegenbaum

Im Jardin Majorelle in Marrakesch (Foto: Elisa Bazzechi)

Seit 2015 ist Dr. Marcel Danner am Lehrstuhl für Klassische Archäologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg beschäftigt. Als einer der ersten a.r.t.e.s.-Doktorandinnen und Doktoranden promovierte er von 2009 bis 2012 im Integrated Track der a.r.t.e.s. Graduate School. Seine Dissertation im Fach Klassische Archäologie schrieb er über die Wohnkultur im spätantiken Ostia. Darüber hinaus forscht er zur materiellen Kultur der Spätantike und zu Landschafts- und Architekturdarstellungen in der antiken Kunst.

 

a.r.t.e.s. Graduate School: Lieber Marcel, du warst Doktorand in einem der ersten Jahrgänge des Integrated Track und hast mit einem Stipendium deine Dissertation bei a.r.t.e.s. abgeschlossen. Wie siehst du die Promotionsphase rückblickend?

Marcel Danner: Ich denke gerne an diese Zeit zurück, die ich gemeinsam mit meiner heutigen Frau – damals noch meiner Freundin – in Köln verbringen durfte. Andreas Speer, Direktor von a.r.t.e.s., betonte öfters, wir sollten die Promotionsphase genießen, ein so großes Maß an Freiheit käme im Leben so schnell nicht wieder. Rückblickend kann ich das (fast) uneingeschränkt unterstreichen. Der Aufbau des Promotionsstudiums bei a.r.t.e.s. spielte dabei natürlich auch eine Rolle: Eine gesunde Mischung aus wenigen Pflichtveranstaltungen, regelmäßigen Betreuungsgesprächen und viel Zeit für die eigene Forschung half mir einerseits, am Ball zu bleiben, gewährte mir aber auch ausreichend Freiraum zur Entwicklung meines Projekts, meines fachlichen Profils und meiner Persönlichkeit.

 

Nach der Promotion warst du freiberuflich tätig. Was hast du in dieser Zeit genau gemacht, und welche Vor- und Nachteile hat eine Freiberuflichkeit für Archäologen?

Die Zeit im Anschluss an die Promotion war sehr ernüchternd: Meine Ansprüche waren mit der Promotion gewachsen, ein entsprechendes Arbeitsverhältnis war aber zunächst nicht in Sicht. Die Freiberuflichkeit war denn auch keine bewusste Wahl, sondern eher aus der Not geboren. Eigentlich hatte ich bereits während der Promotion eine wissenschaftliche Karriere angestrebt, konnte aber zunächst nur mit kleineren Auftragsarbeiten – z. B. als Übersetzer oder Sprachlektor – die Haushaltskasse aufbessern. Ohne das Einkommen meiner Frau, unsere Rücklagen und die zeitweise Unterstützung durch meine Eltern hätte das nicht zum Leben genügt.

 

Das klingt ja erst einmal ernüchternd. Für deine Forschung warst du in diesem Zeitraum auch mit einem Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts im Mittelmeerraum unterwegs – wie fügt sich diese Zeit in deinen Lebenslauf ein und wie hast du zurück in den Wissenschaftsbetrieb gefunden?

Die Würdigung meiner Dissertation durch das Reisestipendium war für mich eine wichtige Bestätigung dafür, nicht den falschen beruflichen Weg eingeschlagen zu haben. Es erlaubte mir, sechs Monate lang sorgenfrei durch die Länder der klassischen Antike zu reisen – eine großartige Erfahrung, die ich sehr genossen habe und die mich fachlich wie auch persönlich enorm bereichert hat. Die zahllosen Einblicke, die ich dabei erhielt, kann ich nicht in wenige Sätze fassen. Besonders fasziniert hat mich die Flexibilität und Vielfalt der beiden großen klassischen Kulturen, die Art und Weise, wie sich Griechen und Römer unter unterschiedlichen naturräumlichen Gegebenheiten und gegenüber verschiedensten Ethnien zwischen Atlantik und Schwarzem Meer behaupteten und diesen anpassten. Dennoch blieben sie ihren eigenen Traditionen stets soweit verpflichtet, dass sie allerorts als ‚die Griechen‘ oder ‚die Römer‘ zu erkennen waren. Dies sind Einsichten, die sich aus Büchern nur in sehr abstrakter Weise ablesen lassen. Sich die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten zwischen römischen Tempelbauten oder Badeanlagen in der Türkei einerseits und in Portugal andererseits vor Ort selbst zu erarbeiten, ist ungleich erhellender und einprägsamer. Für meinen weiteren Werdegang war das Reisestipendium jedoch nicht nur aufgrund dieser Erfahrungen wichtig: Die Auszeichnung genießt in unserem Fach ein großes Renommee und war für meine Einstellung in Würzburg sicher förderlich.

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  • Die Sonnenseiten des Archäologendaseins in Jordanien (Foto: Elisa Bazzechi)
  • Domus di Amore e Psiche in Ostia (Foto: Marcel Danner)

Und danach hast das Volontariat bei den Staatlichen Bayerischen Sammlungen und Museen absolviert?

Ja, genau. Mit Museen hatte ich mich vor Beginn meines Volontariats beinahe ausschließlich als Besucher beschäftigt. Als wissenschaftlicher Volontär der Staatlichen Bayerischen Museen durfte ich drei bedeutende Museen – die Staatlichen Antikensammlungen, das Bayerische Nationalmuseum und die Archäologische Staatssammlung – ebenso wie die alltäglichen Arbeitsabläufe in diesen Häusern als Mitarbeiter kennenlernen. Dies eröffnete mir viele interessante Einblicke in ein neues Berufsfeld, das für mich nun eine gleichwertige Alternative zur Universität darstellt. Auch in fachlicher Hinsicht habe ich viel dazugelernt: Zur Vorbereitung von Führungen oder Ausstellungen musste ich mich in viele Bereiche einarbeiten, die ich bis dahin bestenfalls peripher gestreift hatte. Auf der anderen Seite hat das Dasein als Volontär besonders in München seine Schattenseiten, da die Bezahlung gerade mal für das Nötigste ausreicht.

 

Seit November 2015 bist du nun an der Universität Würzburg beschäftigt. Welche Aufgaben übernimmst du dort und was ist dein aktuelles Projekt?

Als sogenannter Akademischer Rat auf Zeit besetze ich am Lehrstuhl für Klassische Archäologie der Universität Würzburg eine Assistentenstelle. Neben der Lehre und der akademischen Selbstverwaltung – ich bin insbesondere für die Verwaltung der Lehrstuhlbibliothek, unsere Homepage und die Betreuung der ERASMUS-Studierenden zuständig – bleiben leider nur begrenzte Zeitfenster für die eigene Forschung. Da ich meine Dissertation „Wohnkultur im spätantiken Ostia“ erst zu Beginn des Jahres publiziert und damit meine „Schuld“ gegenüber a.r.t.e.s. endlich beglichen habe, kann ich mein nächstes größeres Projekt noch nicht gänzlich eingrenzen. Ich hoffe aber, zu Beginn des kommenden Wintersemesters ein konkretes Habilitationsprojekt im Bereich der antiken Ikonographie anmelden zu können.

 

Das heißt, dass du gerne weiter an der Universität Karriere machen möchtest?

In der Klassischen Archäologie ist eine wissenschaftliche Laufbahn meiner Meinung nach heutzutage noch weniger planbar als in den letzten Jahrzehnten. Derzeit koexistieren in unserem Fach mit Habilitation und Juniorprofessur zwei unterschiedliche Wege zur Professur. Kürzungen führen dazu, dass immer mehr unbefristete Stellen abgebaut werden. Im Moment hoffe ich trotzdem noch auf eine dieser Stellen, kann mir aber ebenso gut eine Tätigkeit im Museum oder im Deutschen Archäologischen Institut vorstellen. Wer weiß, ob mir das Reisestipendium oder das Volontariat in Zukunft nicht noch die eine oder andere Tür öffnen werden…

 

Wir danken Marcel Danner für das Gespräch!