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Die neue „schliff“ ist da!

Ausgabe No. 5: Literarisches Schreiben und theoretische Reflexion über „Lebensformen“

von Simona Böckler

Cover der "schliff" No. 5, Edition Text & Kritik (Gestaltung: Marcus Erb, Anna Beughold, Thomas Scheer)

Christopher Quadt, Promotionsstipendiat bei a.r.t.e.s., und Kathrin Schuchmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Deutsche Sprache und Literatur I, geben die Literaturzeitschrift schliff heraus. Was ist das Konzept der Zeitschrift und worum geht es in der aktuellen Ausgabe „Lebensformen“? Wir haben die beiden gefragt.

 

a.r.t.e.s. Graduate School: Liebe Kathrin, lieber Christoph, was für eine Art von Zeitschrift ist schliff?

Christopher Quadt: schliff ist eine Literaturzeitschrift, die erstmals im Sommersemester 2014 am Institut für deutsche Sprache und Literatur I der Universität zu Köln erschienen ist. Die Idee dazu stammte von Prof. Dr. Christof Hamann, der die Literaturwissenschaft fester mit dem Literarischen Schreiben am Institut verankern wollte und deswegen im Wintersemester 2013/14 eine passende Seminarreihe zur Verschränkung beider Themen ins Leben gerufen hat. Innerhalb dieses Seminars sollen sich Studierende literaturwissenschaftlich mit Texten beschäftigen und dieses Wissen auf eigene zu schreibende Texte anwenden, die ebenso vorgestellt und diskutiert werden. schliff setzt an dieser Konzeption an und zielt darauf, literarische neben literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge zu stellen und auf diese Weise theoretische Reflexion und literarisches Schreiben in eine produktive Spannung zueinander zu setzen. Der Kreis der Beitragenden beschränkt sich dabei nicht auf Köln, sondern umfasst Studierende, Schriftsteller/innen (u. a. Marcel Beyer, Felicitas Hoppe, Uwe Timm, Jan Wagner) und Literaturwissenschaftler/innen deutschlandweit und darüber hinaus. Kathrin und ich fungieren dabei jeweils als Bandherausgeber einzelner Ausgaben, während das Institut für deutsche Sprache und Literatur I Reihenherausgeber von schliff ist.

 

Seit wann und warum engagiert Ihr euch bei der Herausgabe der Zeitschrift?

Kathrin Schuchmann: Für schliff engagiere ich mich seit dem Wintersemester 2013/14. Das Ziel von Prof. Dr. Christof Hamann, meinem damaligen Kollegen Maximilian Mengeringhaus und mir war es zum einen, in jeder Ausgabe von schliff einen aktuellen Themenbereich der Literaturwissenschaft zum Gegenstand der Diskussion zu machen, zum anderen ein Print-Format zu schaffen, indem sowohl Nachwuchsschriftsteller/innen und angehende Literaturwissenschaftler/innen als auch etablierte Autor/inn/en und Forscher/innen publizieren. Das Konzept von schliff, renommierte und noch unbekannte Stimmen aus dem Literatur- und Wissenschaftsbetrieb zu versammeln und auf diese Weise literarisches Schreiben und wissenschaftliche Reflexion zusammenzubringen, finde ich nach wie vor das Reizvolle an meiner Arbeit als Herausgeberin von schliff. Zudem ermöglicht die Herausgabe der Zeitschrift den Austausch mit Autor/inn/en und Wissenschaftler/inne/n wie auch wichtige Einblicke in Literaturbetrieb und Verlagsstrukturen.

CQ: Ich bin erst seit der vierten Ausgabe als Herausgeber involviert und habe bei den ersten beiden Ausgaben noch die Seite der Autor/innen erlebt, deren Texte in schliff veröffentlicht werden. Nachdem Maximilian, der mit Kathrin zusammen die ersten drei Ausgaben herausgegeben hat, jedoch beim Suhrkamp Verlag ein Volontariat begonnen hat und deswegen die Universität zu Köln verlassen hat, bin ich für ihn eingesprungen. Durch die Zusammenarbeit mit Kathrin und Maximilian im Vorfeld kannte ich die Aufgaben als Herausgeber schon recht gut und habe keine Sekunde gezögert, den Job zu übernehmen, als ich gefragt wurde. Sich nicht nur wissenschaftlich mit literarischen Texten zu beschäftigen, sondern auch mit Autor/inn/en an Texten zu arbeiten, Texte anzufragen oder sich einfach bei der Konzeption und Zusammenstellung kreativ austoben zu können, sind dabei die wesentlichen Gründe für mein Engagement bei schliff.

 

Steht Eure Arbeit bei schliff in Zusammenhang mit eurer eigenen Forschung?

KS: In meiner Dissertation befasse ich mich mit der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur im weiteren Sinne. Es geht um die Untersuchung einer literarischen Ästhetik der Leere bei Thomas Bernhard und Christoph Ransmayr, wobei die Studie durch die Kopplung von ‚Leere‘ und ‚Raum‘ auch eine raumtheoretisch informierte Ausrichtung erfährt. Das Interesse an der Gegenwartsliteratur und ihrer Vielstimmigkeit sowie an der theoriegeleiteten Auseinandersetzung mit aktuellen Themenbereichen der Literatur- bzw. Kulturwissenschaft ist auch eines, das ich bei schliff weiterverfolgen kann, da die Zeitschrift konzeptionell literarisches und wissenschaftliches Schreiben zusammenführt.

CQ: In erster Linie haben beide Aufgaben nichts miteinander zu tun, da mein Forschungsinteresse der deutschsprachigen Literatur der 1970er/1980er Jahre gilt. Dennoch beschäftige ich mich im Rahmen meiner Dissertation auch mit dem Verlagswesen dieser Zeit und speziell den Aufgaben, die der Autor Uwe Timm als Herausgeber im Verlag AutorenEdition übernommen hat. Hier hilft mir die Arbeit bei schliff, grundlegende Abläufe des Herausgeberalltags zu verstehen. Zudem ist es beruhigend zu sehen, dass sich trotz der schnelleren Abläufe dank des Internets heutzutage gewisse Dinge nicht geändert haben und weiterhin sehr viel Kommunikation zwischen allen Beteiligten stattfinden muss, um eine Ausgabe zu veröffentlichen.

 

Im Dezember 2016 ist die neue Ausgabe von schliff erschienen. Worum geht es in ihr?

KS: schliff No. 5 vom Dezember 2016 widmet sich dem Thema „Lebensformen“, das auch Gegenstand des Seminars von PD Dr. Michael Eggers im Wintersemester 2015/16 war. Die Ausgabe ist das erste Heft einer auf mehrere Ausgaben angelegten Themenreihe mit dem Titel „Lebenswelt“, die wir bei der edition text + kritik im vergangenen Jahr gestartet haben. Was uns am Thema „Lebensformen“ interessiert hat, war zunächst die allgemeine Frage, wie Leben Form gewinnt – in der gesellschaftlichen Realität und in der Literatur. Dass dies eine spannende Fragestellung ist, zeigt sich daran, dass der Begriff der ‚Lebensform’ alltagspragmatisch zunächst die Art und Weise bezeichnet, wie Menschen ihr Leben führen – z. B. vereinsamt, auf Reisen, asketisch –, der Begriff darüber hinaus jedoch eine politische Komponente erhält. Denn auch wenn in unserer liberalen Gesellschaft eine Lebensform frei gewählt sein mag, so bleibt sie selten ohne Auswirkungen auf die Gesellschaft bzw. Gemeinschaft, in der sie gelebt wird. In diesem Zusammenhang eröffnet der philosophische Diskurs vielfältige theoretische Anschlüsse, während die Gegenwartsliteratur Anschauungsmaterial für den gelebten Einzelfall und seine Einbettung in gesellschaftliche Strukturen bietet. Unsere aktuelle Ausgabe von schliff versammelt Beiträge u. a. von Jan Wagner, Anna-Katharina Hahn, Péter Farkas, Lilian Loke, Prof. Dr. Torsten Hahn, Prof. Dr. Stefan Neuhaus, Dr. Martin Mittelmeier und Michael Kohtes sowie bildkünstlerische Arbeiten von Andreas Erb.

 

Release-Lesung/Party (Foto: Oliver Ruf)

Im Januar habt ihr dann auch direkt mal eine Release Party gefeiert!

CQ: Ja, denn mit dem Verlagswechsel bestand erstmals die Möglichkeiten, schliff auch außerhalb der Tore der Universität zu präsentieren. Wir haben die Release-Lesung/Party am 19. Januar in der King Georg Klubbar gefeiert, bei der fünf Autor/inn/en gelesen haben und im Anschluss getrunken und getanzt werden konnte. Es war wirklich schön zu sehen, wie voll das King Georg war und wie viele Menschen an schliff interessiert sind. Kathrin und ich sitzen schließlich die meiste Zeit am Schreibtisch und haben lediglich per E-Mail Kontakt zu den Beitragenden. Umso fulminanter ist es dann, wenn man auch mal aus dem Käfig ausbrechen kann. Wir freuen uns daher bereits auf die Leipziger Buchmesse im März, wo es auch einen Abend im Rahmen von „Leipzig liest…“ geben wird, an dem einige Autor/inn/en lesen werden und es danach auch wieder die Möglichkeit zum Feiern geben wird. Im Juni 2017 erscheint dann auch schon schliff No. 6 zum Thema „Alltag“.

 

Wir danken Kathrin Schuchmann und Christopher Quadt für das Gespräch!